Prinzregententheater
Die "Zauberflöte Reloaded" mit HipHoppern
7. August 2019, 17:30 Uhr aktualisiert am 7. August 2019, 17:30 Uhr
"Zauberflöte Reloaded" von und mit Christoph Hagel und HipHoppern aus Berlin im Prinzregententheater
In der Reihe hinter dem Berichterstatter wunderte man sich ein wenig beim Blick in den Orchestergraben. Gibt es in Mozarts "Zauberflöte" gar keine Pauken und Trompeten? Doch, meine Damen, sogar Posaunen. Dass auch sonst noch ein paar Bläser fehlten, war durchaus zu hören, als die tapferen Berliner Symphoniker den dreimaligen Akkord am Beginn der Ouvertüre anstimmten.
Allerdings war von vorneherein ein modernes Update von Mozarts beliebtester Oper angekündigt. Der Dirigent und Regisseur Christoph Hagel hat nach dem Relaoad von Bach, "Carmina Burana" und Mozart im Allgemeinen nun die "Zauberflöte" im Besonderen upgedated - unter Anwendung seines Erfolgsrezepts, die Klassiker mit der HipHop-Kultur zu versöhnen.
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Vor Beginn der Ouvertüre erklärte Hagel den begleitenden Erziehungsberechtigten, um was es sich dabei handelt: Breakdance, Rap und Graffiti - aber bitte nicht fotografieren. Dann malte per Video ein Darsteller zur weitgehend originalen Ouvertüre einen hübschen Dschungel auf die hintere Wand, auf der später der feuerspeiende Drache den Prinzen Tamino bedroht.
Die Drei Damen tanzten ihre Partie zu einem Mozart-Remix. Papageno, hier unter dem Namen Papagino (Frederic Böhle), rappte das Vogelfänger-Lied und setzte sich dann so knapp wie möglich mit dem etwas begriffsstutzigen Prinzen auseinander, ehe diesem ein Bildnis Paminas in die Hand gedrückt wurde. Nein, kein Medaillon wie anno 1791, sondern ein heutiges Tablet mit einem Image-Video der Prinzessin bei einem Foto-Shooting.
Der kraftvolle Augenblick
Sarastro und die Königin der Nacht sind ein zerstrittenes Paar. Wirklich schlüssig erzählt Hagel das nicht. Seine Inszenierung enthält Anschlussfehler, die nicht nur 9-Jährigen auffallen, die mit der "Zauberflöte" ein wenig vertraut sind. Manche Absurdität des Textdichters Emanuel Schikaneder wirkt in der Welt der Leder- und Spandex-Hosen noch absurder. Warum bekommt eigentlich Pamina so ausführlichen Liebeskummer in g-moll, obwohl sie Tamino bis dahin nur ein einziges Mal gesehen hat?
Die Inszenierung setzt weder auf Folgerichtigkeit noch auf eine konsequente Übertragung der Handlung in die Gegenwart. Hagel interessiert vor allem der kraftvolle Augenblick. Das funktioniert, wenn die Berliner Breakdancer auftreten oder die drei tanzenden Damen die Arie "Der Hölle Rache kocht in meinem Herzen" mit Modern Dance garnieren.
Ordentliches Familientheater
Die schlank singende Christina Roterberg übernimmt neben der Pamina auch die Papgagena. Das restliche Ensemble hält die Werte eines kleineren Stadttheaters hoch. Dass ein paar Instrumente fehlen, fällt nach der Ouvertüre ebensowenig auf wie der abwesende Chor, dessen Auftritte alle Sänger gemeinsam stemmen.
Street Credibility hat die Aufführung trotz HipHoppern nicht wirklich. Ordentliches Familientheater für Kinder und jugendliche Geschwister ist es trotzdem. Und jung gebliebene Großeltern kriegen einen Einblick in die fremde Welt der hier sehr brav bleibenden Jugendkultur.
Prinzregententheater, bis Sonntag, täglich um 20 Uhr, Karten von 49 bis 79 Euro unter Telefon 089/93 60 93