Bayerische Theaterakademie

Das Musical "Cinderella" im Prinzregententheater


Patrizia Unger (Charlotte) und das Ensemble.

Patrizia Unger (Charlotte) und das Ensemble.

Von Robert Braunmüller / TV/Medien

Premiere zum 25-jährigen Jubiläum der Theaterakademie im Prinzregententheater: Das Musical "Cinderella" von Rodgers & Hammerstein

Als Gabrielle, die nicht ganz so böse Stiefschwester, Cinderella vertraulich offenbart, dass sie den aufrührerischen Jean-Michel liebt, gibt es mädchenhaftes Gekreische wie in einer amerikanischen Sitcom. Die böse Stiefmutter erklärt in schmerzhafter und damit umso witzigerer Ausführlichkeit, wie sie einst den despektierlichen Spitznamen Cinderellas, zu Deutsch: Aschenputtel, erfand. Und Charlotte, die eher trottelige als böse andere Stiefschwester, latscht mit verrutschten Strümpfen und beeindruckenden Fettpolstern über die Bühne des Prinzregententheaters, fühlt sich aber als die Allerschönste (Kostüme: Ulli Kremer).

Die lustigsten Momente dieser Inszenierung von "Cinderella" des Autorenduos Richard Rodgers und Oscar Hammerstein II sind jene, in denen die Figuren einfach ihrem Charakter gemäß agieren. Katharina Wollmann als Gabrielle, Patrizia Unger als Charlotte und Miriam Neumaier als Stiefmutter singen nicht nur exzellent, sondern erfüllen jeden Augenblick mit lustvoller Anarchie. Desto strahlender können Tamara Pascual als Titelheldin Ella und Tobias Stemmer als Prinz Christopher mit sanften Stimmen ihre schönen Seelen leuchten lassen.

Hinreißend

Der Regisseur Andreas Gergen hat gut daran getan, nicht nur auf spektakuläre Effekte zu setzen. Die gibt es hier allerdings auch zu bestaunen: Der Prinz und seine Gefolgschaft reiten im besten Monty-Python-Stil auf Rössern, die flugs aus Bierkästen zusammengebaut wurden. Aus alten Einkaufswägen, welche die zunächst als Bettlerin erscheinende gute Fee (ebenfalls hinreißend: Sophie Mefan) durch das Bühnenbild von Stephan Prattes schiebt, wird die märchenhafte Kutsche gezaubert und unter einem herrlichen, riesigen weißen Vorhang enthüllt. Die Ensembleszenen wurden von Danny Costello exzellent choreographiert.

Sieht man von dem etwas nervigen Beginn mit schlechtem Discopop ab, der nicht zur originalen Musik gehört, wird diese Produktion ihrem feierlichen Anlass voll gerecht. Vor 25 Jahren hat August Everding, der am Premierentag seinen 90. Geburtstag gefeiert hätte, die nach ihm benannte Theaterakademie gegründet. Tatsächlich sieht sich hier deren utopisches Ziel verwirklicht, in der Ausbildung zwischen den widerstrebenden Kräften Tradition und Innovation zu vermitteln. Der heutige Akademiepräsident Hans-Jürgen Drescher benennt diese Utopie in seiner Festansprache.

Ein positiver Begleiteffekt der Jubiläumsproduktion ist, dass mit "Cinderella" ein Werk von Rodgers & Hammerstein für das Repertoire gewonnen wird, das bis heute im Schatten von "Anna und der König von Siam" oder "The Sound of Music" steht. Ursprünglich als Fernsehproduktion konzipiert, wird hier die deutschsprachige Version der späteren Broadway-Fassung gespielt. Dass das Stück bislang eher unbekannt ist, ist dem Münchener Rundfunkorchester zumindest in der Premiere noch ein wenig anzumerken. Joseph R. Olefirowicz, ein amerikanischer Musical-Spezialist, dirigiert im Graben zwar versiert, doch die Rhythmik ist zu wenig geschärft, die Partitur wird insgesamt zu flach, zu müde, realisiert, als dass sich ein mitreißender Sog einstellen könnte. Doch solche Kinderkrankheiten können sich in den folgenden Aufführungen von ganz allein geben.

Weitere Vorstellungen: 2., 3., 5. November (19.30 Uhr), 4. November (17 Uhr), Karten: (089) 21 85 19 20 und unter www.staatstheater-tickets.bayern.de.