Bis zu 500 Millionen Euro Kosten
Das ist der aktuelle Stand bei der Gasteig-Sanierung
2. September 2019, 18:48 Uhr aktualisiert am 5. Dezember 2019, 17:31 Uhr
Der Gasteig soll saniert werden. Geschäftsführer Max Wagner informierte im Münchner Presseclub über den Stand der Dinge.
München - Noch ein Jahr wird geplant. In diese Zeit fällt die Kommunalwahl am 15. März 2020. Dann geht der neue Stadtrat in die Sommerpause. Im Oktober 2020 berät er dann abschließend über die Gasteig-Sanierung. Zum derzeitigen Stand der Dinge gab Max Wagner, der Geschäftsführer des Kulturzentrums, am Montag im Gespräch mit Anita Bauer-Duré im Münchner Presseclub einen Überblick.
Der Gasteig: Münchner Kulturzentrum
Der 1985 eröffnete Bau am Isarhochufer ist eines der größten kommunalen Kulturzentren Europas. Hier befindet sich nicht nur die Philharmonie mit 2.384 Plätzen, sondern auch weitere Veranstaltungsräume wie der Carl-Orff-Saal, die Black Box und der Carl-Amery-Saal. Im Bau sind die Münchner Philharmoniker, die Zentrale der Münchner Stadtbibliothek sowie die Münchner Volkshochschule beheimatet. Auch die Hochschule für Musik und Theater nutzt die Räume. Täglich nutzen rund 10.000 Besucher das Gebäude.
Warum sanieren? Brandschutz und Technik
In einem Veranstaltungsgebäude, das täglich von vielen Menschen genutzt wird, gelten strenge Regeln für den Brandschutz. Die Einrichtungen genügen nicht mehr aktuellen Anforderungen. Auch die übrige Haustechnik hat nach über 30 Jahren Nutzung das Ende ihrer Lebensdauer erreicht. Diese Sanierung wurde seit 2008 mehrere Male zurückgestellt und wird nun dringend. Sie soll dazu genutzt werden, das gesamte Gebäude zukunftssicher zu machen. Das betrifft nicht nur die oft kritisierte Akustik der Philharmonie, sondern vor allem auch die Stadtbibliothek. Für Dauer-Ärger bei den Anwohnern sorgt auch der Lieferverkehr gastierender Orchester über die Kellerstraße: All dies soll in den Untergrund verlegt werden.
Sanierung für 450 Millonen Euro
Die Generalsanierung des Gasteig kostet nach derzeitigem Stand zwischen 410 und 450 Millionen Euro. Dazu kommen rund 90 Millionen für Interimsgebäude in Sendling. Max Wagner betonte, dass diese Zahlen nicht - wie bei anderen Projekten - politisch kleingerechnet seien. Der Jurist weiß, wovon er spricht. Er war Geschäftsführer des (staatlichen) Gärtnerplatztheaters in der Zeit der Sanierung des Hauses, deren Kosten auf 71 Millionen Euro geschätzt wurden und auf 121 Millionen stiegen.
Der neue Gasteig entsteht in enger Absprache mit den im Gebäude tätigen Institutionen. Seit 2015 wurden 25 Steckbriefe aus den Nutzerwünschen erstellt. Die Nr. 25 betrifft übrigens Inklusion und den barrierefreien Zugang, den derzeit ältere Besucher in der Philharmonie vermissen.
Der Streit: Klage durch Architekten
Auf die Bedarfsplanung folgte ein Architekturwettbewerb, bei dem das Preisgericht drei erste Preise vergab. Das war keine besonders schlaue Entscheidung der Jury, der damals der Oberbürgermeister, der zweite Bürgermeister, der Kulturreferent, diverse Stadträte sowie namhafte Architekten und Professoren angehörten. Aus dem anschließenden Vergabeverfahren ging das etwas allzu offen favorisierte Büro Henn als Sieger hervor. Die unterlegenen Architekten klagten, was zu einer Verzögerung um ein halbes Jahr führte. Dieser Streit ist nun ausgestanden: Im Juni 2019 wurde der Vertrag mit dem Büro Henn geschlossen.
Politik: General- oder Grundsanierung
Im Frühjahr bekam die SPD im Stadtrat plötzlich kalte Füße. Ihr sind die veranschlagten 450 Millionen Euro für die Generalsanierung zu teuer, sie zieht daher eine Grundsanierung für rund 300 Millionen vor, bei der lediglich die Haustechnik und die Philharmonie erneuert werden sollen. Die Bibliothek und die VHS würden in die Röhre schauen, auch der Carl-Orff-Saal bliebe, wie er ist. Bei einer Abstimmung im Stadtrat unterlag die SPD (einschließlich Oberbürgermeister) der CSU und den Grünen, die an der Generalsanierung festhalten wollen.
Der Umzug: Provisorium während der Sanierung
Derzeit planen die Architekten im Münchner Büro von Gunter Henn die Generalsanierung des Gasteig. Ende 2021 sollen nach derzeitigem Stand die Bagger anrücken. Die Philharmoniker und die VHS ziehen dann in provisorische Gebäude auf das städtische Gelände am Brudermühltunnel gegenüber dem Heizkraftwerk Süd um, um, die Stadtbibliothek wechselt teilweise ins Motorama gegenüber dem Gasteig.
Die provisorischen Bauten um eine denkmalgeschützte Trafo-Halle plant das Architekturbüro Gerkan, Marg und Partner (gmp Architekten). Die Akustik der Interims-Philharmonie mit fast 1.900 Plätzen plant der japanische Klangdesigner Yasuhisa Toyota. Er wird auch die Philharmonie im Gasteig optimieren. Mit den bisherigen Mietern des Geländes sei ein weitgehendes Einvernehmen erzielt worden, so Wagner.
Der neue Gasteig: Parkplätze und S-Bahn
Bei der Veranstaltung im Presseclub wurde als erstes nach den Parkplätzen gefragt, obwohl das Gelände höchstens fünf Minuten von der U-Bahn Brudermühlstraße entfernt ist. Laut Max Wagner soll ein abends leerstehendes Parkhaus des Blumengroßmarkts genutzt werden, zu dem Pendelbusse verkehren. Abends soll die U3 öfter verkehren.
Nach der Sanierung soll das Kulturzentrum offener, niederschwelliger und partizipativer werden. Herzstück des neuen Gasteig ist die gläserne "Kulturbühne", die alle Bereiche des Baus auf mehreren Ebenen miteinander verbinden soll. Diese verlängerte Glashalle steht für ein Plus an Vernetzung und Öffnung des Gasteig. Außerdem soll der Zugang von der S-Bahn her freundlicher werden. Geplant ist ein Dachrestaurant mit einem spektakulären Blick auf die Stadt.
Max Wagner, der sich selbst als Optimist und Idealist bezeichnet, geht davon aus, dass die Sanierung 2026 abgeschlossen sein wird.
Werksviertel: Ist da nicht noch ein Neubau?
Der Freistaat plant im Werksviertel einen weiteren Konzertsaal, den sich vor allem der Gasteig-kritische Dirigent Mariss Jansons und das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks wünschten. Derzeit steht auf dem Bauplatz ein Riesenrad. Max Wagner konnte sich eine Spitze nicht verkneifen: Er stehe zwar im engen Dialog mit den Verantwortlichen. Er finde aber, dass Pläne, Kosten und Termine bei diesem Projekt derzeit wenig transparent seien, während beim Gasteig alles offen auf dem Tisch liege.
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