Treffen im Kanzleramt

Coronavirus: Koalitionsgipfel plant Hilfen für Wirtschaft


Das Bundeskanzleramt spiegelt sich in einer Glasfassade.

Das Bundeskanzleramt spiegelt sich in einer Glasfassade.

Von Redaktion idowa und mit Material der dpa

Die Spitzen der großen Koalition beraten über die aktuellen Krisenthemen. Es geht um die Lage auf den griechischen Inseln und an der griechisch-türkischen Grenze. Aber das Thema Coronavirus überstrahlt alles.

Berlin - Das neuartige Coronavirus trifft die Wirtschaft erheblich, die Industrie sieht eine gestiegene Rezessionsgefahr. Die Unternehmen können nun mit staatlichen Hilfen rechnen. Für das Treffen der Koalitionsspitzen am Sonntagabend im Kanzleramt liegen verschiedene Vorschläge auf dem Tisch:

Kurzarbeitergeld

Wegen der Corona-Krise zeichnet sich eine weitere Lockerung der Regeln für Kurzarbeit ab. Bisher gibt es Kurzarbeitergeld, wenn mindestens ein Drittel der Belegschaft eines Betriebs von erheblichem Arbeitsausfall betroffen ist. Eine Senkung dieser Schwelle ist im Gespräch. SPD-Chef Norbert Walter-Borjans sprach im "Interview der Woche" des Deutschlandfunks zudem von einer längeren Zahldauer des Kurzarbeitergeldes. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) werde damit bereits am kommenden Mittwoch "ins Kabinett gehen".

Soli-Abbau vorziehen

Die SPD hatte vorgeschlagen, den geplanten Abbau des Solidaritätszuschlags für 90 Prozent der Zahler von 2021 auf diesen Sommer vorziehen, um Konsum und Nachfrage anzukurbeln. Aus der Union kamen vor dem Koalitionsgipfel Signale der Zustimmung: Wenn Finanzminister Olaf Scholz (SPD) das ohne neue Schulden finanzieren und die technischen Probleme einer Umstellung zur Jahresmitte lösen könne, spreche nichts dagegen, sagte der haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Eckhardt Rehberg (CDU), der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung".

Überbrückungskredite, Bürgschaften, Steuerstundungen

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) meldete vor dem Wochenende besorgniserregende Zahlen: Jedes zweite Unternehmen erwartet als Folge des Coronavirus einen Umsatzrückgang. Betroffen sind laut DIHK vor allem Messebetriebe, die Reisewirtschaft und das Gastgewerbe. Die Lage verschärft sich von Tag zu Tag. Nicht ausgeschlossen ist daher, dass die Koalitionsspitzen eine Aufstockung von Kreditprogrammen beschließen. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) brachte vor dem Koalitionsgipfel außerdem Bürgschaften und Steuerstundungen ins Spiel.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier sagte dem ZDF: "Die Botschaft an all die vielen mittelständischen Unternehmen im Messe- und Gastronomiebereich ist: Wir lassen Euch nicht im Stich. Wir werden Euch helfen, diese schwere Zeit zu überbrücken." Er verwies demnach auf Kreditlinien und Instrumente bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau: Diese hätten bereits in der letzten Finanzkrise sehr gut funktioniert. "Und wir sorgen dafür, dass sie auch jetzt unbürokratisch, direkt und schnell zur Verfügung stehen."

Investitionen und Infrastruktur

Die neuen SPD-Chefs hatten von ihrer Partei den Auftrag bekommen, ein weiteres Plus bei den Investitionen auszuhandeln. Eine Arbeitsgruppe von Union und SPD soll dazu nun konkrete Vorschläge präsentieren. Dabei kann es auch um Entlastungen für Bürger und Unternehmen gehen, etwa durch eine niedrigere Besteuerung von Personengesellschaften. Die Union fordert seit langem eine Reform der Unternehmenssteuer. Beim Koalitionstreffen soll es dem Vernehmen nach um Investitionen von insgesamt 12 Milliarden Euro gehen, verteilt über drei Jahre und um zusätzliche Mittel in Höhe von fünf Milliarden Euro zur Stärkung des Wachstums.

Weitere Themen: Eine Senkung der hohen Strompreise - der Hebel ist hier die EEG-Umlage - und eine Beschleunigung von Planungsverfahren im Verkehrs- und Digitalisierungsbereich, damit der Ausbau der Infrastruktur vorankommt.

Altschulden

Der Bund investiert derzeit Rekordsummen - aber in Ländern und Kommunen wird viel von diesem Geld gar nicht genutzt. Das liegt aus Sicht der SPD auch daran, dass die Kommunen in horrenden Altschulden gefangen sind. Scholz will rund 2.500 finanzschwache Kommunen deshalb unterstützen und ihre Kassenkredite in die Bundesschuld übertragen. So sollen die Gemeinden wieder mehr Spielraum für Investitionen etwa in Schulen, Straßen und Krankenhäuser bekommen. Widerstand dagegen gibt es vorab aber aus der Union: "Wir können jetzt am Sonntag nicht über Milliardengelder für Altschulden sprechen, wenn unsere Wirtschaft vor akuten Problemen steht", hatte CSU-Chef Söder gesagt.

Migration und Kampfflugzeuge

Neben Hilfsmaßnahmen für die Wirtschaft wollen die Koalitionsspitzen auch über die Lage in den überfüllten Flüchtlingslagern auf den griechischen Inseln und über die Situation an der griechisch-türkischen Grenze sprechen. Der Beauftragte der Bundeskanzlerin für die Deutsch-Griechische Versammlung, Norbert Barthle, sagte der dpa, die Sicherung der EU-Außengrenze in Griechenland sei "Priorität Nummer eins". SPD-Chef Walter-Borjans mahnte im Deutschlandfunk eine rasche Unterstützung für die Kinder in den Lagern an.

Spannend dürfte auch die Debatte um den Nachfolger des Tornado-Kampfflugzeugs für die Bundeswehr werden. Das CDU-geführte Verteidigungsministerium tendiert zum Kauf der amerikanischen F-18, die CSU pocht dagegen auf den Eurofighter.