Faust statt Richterhammer
Reise in die Vergangenheit – zu den Anfängen von Goethe
2. November 2015, 9:04 Uhr aktualisiert am 2. November 2015, 9:04 Uhr
Goethe - schon mancher Schüler dürfte in Anbetracht der aufgetragenen Deutschlektüre die (Verzeihung) Faust geballt haben, ob der (Verzeihung nochmals) Leiden des jungen Lesers. Obwohl Goethe als einer der bekanntesten deutschen (Universal)gelehrten und Schriftner gilt, ist nicht ein jeder des (Verzeihung vielmals) Gedicht-Erl-Königs Geistes Kind. Bei Nacht und Wind, gewiss, es liest sich sicher, leicht und warm, doch rufen Sonn' und Freud' nach draußen, erzeugt das Lesepult oft Harm. Im Übrigen hat Goethe auch nicht alles gelesen, was von ihm seitens des Vaters erwartet wurde. Beziehungsweise hat er sich anderen Gebieten zugewandt.
Der junge Goethe, aus einer bürgerlichen Familie stammend, begann Anfang Oktober 1765 sein Jurastudium in Leipzig - jene Stadt, die er später bekanntlich "Klein-Paris" nannte, was er denn auch in Faust I den lustigen Gesellen Frosch aussprechen lässt: "Mein Leipzig lob' ich mir! Es ist ein klein Paris und bildet seine Leute." (Szene "Auerbachs Keller")
Dabei war Goethe anfangs laut Zeitzeugen von Leipzig verstört. Freilich, es hatte als Handelsstadt Frankfurt über- und sich von den Kriegsschäden erholt. Allerdings sollen die Bewohner und ihr Aussehen auf Goethe einen recht altmodischen Eindruck gemacht haben - dem er sich allerdings sehr bald anpasste, wie sein Jugendfreund Horn zu berichten wusste. Demnach habe sich der Dichter schnell verändert. "Alle seine Sitten und sein ganzes jetziges Betragen sind Himmel weit von seiner vorigen Aufführung unterschieden. Er ist bei seinem Stolze auch ein Stutzer, und alle seine Kleider, so schön sie auch sind, sind von so einem närrischen Gout, der ihn auf der ganzen Akademie auszeichnet." Sein anfängliches Studienziel hat sich ebenso schnell verändert. Bald wandte sich dem Dichter und Moralphilosophen Christian Fürchtegott Gellert zu, der Poetikvorlesungen gab. Gellert unterstützte zudem Studenten bei ihren ersten Vers-Versuchen und Schriftner-Schritten. Überdies ließ Goethe sich Zeichenunterricht vom Hofmaler Adam Friedrich Oeser geben. Die erste Studienzeit musste Goethe wegen Krankheit zwar abbrechen und nach Hause zurückkehren. Jedoch schwang er sich nach seiner Genesung wieder in den Sattel - und wohin ihn sein feuriges Reime-Ross trug, wissen wir alle. Der goldene Oktober, wie verführt er uns doch dazu innezuhalten und dann laut zu fabulieren.