Musik
Probier’ doch mal Klassik! Die 16-jährige Clara Sartor spielt erfolgreich Klavier
26. Januar 2017, 14:40 Uhr aktualisiert am 26. Januar 2017, 14:40 Uhr
Glaubst du auch, klassische Musik ist langweilig und du verstehst sie sowieso nicht? Stimmt nicht, sagt Clara Sartor. Die 16-jährige Landshuterin liebt diese Musik und spielt sehr erfolgreich selbst Klavier. Verstehen, sagt sie, muss man zunächst gar nichts. Genau wie bei jeder anderen Musik sollte man vor allem eines: sich berühren lassen.
Klassische Musik - das ist ja nicht so Jedermanns Sache. Was magst du daran?
Clara Sartor: Dass sie mich berührt. Bei uns zu Hause lief viel klassische Musik. Da stellte sich früh heraus, dass mir das gefällt und ich auch selbst solche Musik machen möchte.
Hörst du in deiner Freizeit, im Auto oder beim Aufräumen auch am liebsten klassische Musik?
Wenn ich zum Beispiel im Auto sitze und wir nach München fahren, dann höre ich lieber etwas anderes: Alternative, Indie, Hip-Hop, Techno, Old School - sowas. Klassische Musik höre ich nicht so nebenbei. Ich will nicht, dass das so an mir vorbeigleitet. Das will ich bewusst hören.
Warum denkst du, ist klassische Musik in deiner Altersgruppe nicht so beliebt?
Klassische Musik ist immer noch populär und aktuell, da sie zeitlos ist und Menschen immer noch begeistert. Aber die Medien nutzen sie viel weniger als moderne Musik. So ist sie also bis zu einem gewissen Grad an ihre alten Traditionen gebunden. Sie wird zu wenig gehört, ist zu wenig präsent. In den Radiosendungen, die Jugendliche hören, werden Charts gespielt, da hört man keine klassische Musik. Auch bei H&M kommt keine klassische Musik aus den Lautsprechern, sodass man sagen würde "Hey, das gefällt mir", und über Shazam versucht, herauszufinden, was das ist.
Aber auch Sänger wie David Bowie oder ABBA sind nicht mehr aktuell, werden aber von vielen irgendwann entdeckt.
Ja, das stimmt. Der Unterschied ist: Viele haben wahrscheinlich Vorurteile gegenüber klassischer Musik. Sie empfinden sie als veraltet. Sie glauben, nur alte Leute hören das. Dadurch verbaut sich vielen der Zugang von vornherein.
Glaubst du, es liegt auch an der Art der Aufführung, die abschreckt? Man muss sich schick kleiden, in einen Konzertsaal gehen, dort lange stillsitzen...
Das kann sein. Chopin kann man aber leider nicht in einem kreischenden Publikum hören.
Wäre zum Beispiel ein Klavierkonzert in einer Kneipe nicht mal eine Idee? Anders gefragt: Muss sich die Szene auch verändern?
Ich denke, dass man da neue Wege beschreiten muss. Wie auch immer diese dann aussehen. Grundsätzlich bleibt klassische Musik aber wohl eine Kunstform, an der bestimmte Menschen Geschmack finden und andere eben nicht. Genau wie bei jeder anderen Musikrichtung auch. Aber alle Seiten sollten offen sein, aufeinander zuzugehen. Musik ist Musik. Gegenseitiger Respekt aller Stilrichtungen wäre wichtig.
"Ich kann mir nichts anderes vorstellen"
Mit fünf Jahren begann Clara Sartor mit dem Klavierspielen
Als sie fünf Jahre alt war, wünschte sich Clara Sartor zum Geburtstag Klavierunterricht. "Obwohl meine Mutter selbst Pianistin und Klavierlehrerin ist, hat sie mich nie gefragt, ob ich das machen möchte. Das kam einfach aus mir heraus", sagt die Schülerin, die derzeit die elfte Klasse am Gymnasium Seligenthal besucht. Anders als vielleicht bei manch anderen Kindern musste man sie nicht ans regelmäßige Üben erinnern. "Es hat mir so viel Spaß gemacht, dass ich freiwillig geübt habe", sagt sie. Deshalb stellte sich recht bald heraus, dass Klavierspielen für sie mehr als nur das Erlernen eines Musikinstruments ist.
Erster Platz beim Wettbewerb "Jugend musiziert"
Clara erhielt zunächst Unterricht von ihrer Mutter. Später wechselte sie zu der Pädagogin Ludmila Gourani nach München. 2014 nahm sie an dem Wettbewerb "Jugend musiziert" teil. Sie gewann dabei auf Bundesebene den ersten Preis. Seit 2015 ist sie so genannte Jungstudentin an der Musikhochschule in München. Jungstudentin zu sein bedeutet, dass sie wie die erwachsenen Studenten von einem Professor unterrichtet wird. Um aufgenommen zu werden, musste sie eine praktische Aufnahmeprüfung machen. Die meisten Jungstudenten sind zwischen zwölf und 18 Jahren alt. Jeden zweiten Samstag im Monat fährt sie außerdem zu Theorie-Kursen und Vorlesungen. Es gibt keine Teilnahmepflicht und auch keine Prüfungen. "Aber man lernt so viel, dass ich gerne hinfahre. Außerdem habe ich dort inzwischen einen Teil meines Freundeskreises", sagt die 16-Jährige.
Clara Sartor will nach dem Abi weiter Klavier studieren. Um sich diesen Wunsch zu erfüllen, wird die jetzige Vorbereitung an der Hochschule helfen. Ob sie dann in München oder an einer anderen Hochschule weiter studieren wird, das wird sich zeigen. Das, erklärt sie, hänge stark davon ab, wo sie den für sie richtigen Professor findet.
Wissen musst du gar nichts
Wenn du klassische Musik hörst, dann geht es erst einmal darum, was dir gefällt, findet Clara Sartor.
Hintergründe musst du nicht wissen. Keine Epoche, keinen Künstler, keine Technik. Es sei wie bei jeder anderen Musik auch: Man sollte sich emotional leiten lassen und nicht von Vorurteilen abschrecken lassen.
Ist klassische Musik eine Frage des Alters?
Clara Sartor schwankt etwas bei dieser Frage. Eigentlich findet sie das nicht. Wem klassische Musik gefällt, der kann sie hören und auch mögen. Aber dann sagt sie: "Gerade bei klassisch-moderner, zeitgenössischer Musik hört man oft schräge Töne."
Da müsse man wahrscheinlich eine gewisse Erfahrung im Hören klassischer Musik und Offenheit mitbringen, weil die Musik nicht gleich ins Ohr gehe. Hörgewohnheiten würden das Musikerleben sehr stark prägen, sagt die 16-Jährige. Viele auch der heute klassischen Komponisten haben ihre Zeitgenossen verstört und sind erst in den Folgegenerationen wirklich verstanden worden. Der Hörsinn erweitert sich wahrscheinlich mit der Zeit, sagt sie schließlich.
Damit kannst du einsteigen
Für den Einstieg in klassische Musik empfiehlt Clara die Klassiker, zum Beispiel die "Zauberflöte" von Wolfgang Amadeus Mozart oder Ludwig van Beethovens 9. Sinfonie. Sie selbst liebt dessen Sturmsonate oder die Fantasiestücke von Robert Schumann. Faszinierend sei auch der versteckte Humor Joseph Haydns oder die in ihrer Freiheit und Sehnsucht grenzüberschreitende Romantik von Frédéric Chopin. Als kleine Hilfe findest du auf Spotify eine Playlist, die Clara zusammengestellt hat. Und sie gibt noch einen Tipp: Über Youtube oder Streaming-Dienste kann man sich durch "Weitere Empfehlungen" in die Fülle an klassischer Musik hineinarbeiten und dabei seinen Geschmack entdecken.
Die Playlist gibt's hier: https://play.spotify.com/user/sondjscha/playlist/1c4H5wvNg8yJbSmHpr8cBk