Berufsportrait
Ohne Pflege geht gar nichts: Jessica Guth macht ein duales Pflegestudium
23. August 2016, 11:45 Uhr aktualisiert am 23. August 2016, 11:45 Uhr
Jessica Guth hat Abitur gemacht. Statt Medizin, Maschinenbau oder Jura zu studieren hat sie sich für etwas ganz Neues entschieden: Die 22-Jährige aus Gangkofen im Landkreis Landshut macht ein duales Pflegestudium. Damit gehört sie zu einer kleinen Gruppe von Pionieren in diesem Bereich.
Helfen und kranke Menschen unterstützen zu wollen - das liegt bei Jessica Guth gewissermaßen in der Familie. Schon Großmutter und Mama arbeiteten als Krankenschwestern, die Cousine ist Hebamme. Und als in der Familie von Jessica selbst eine Krankenpflegerin ins Haus kommen musste, war die jetzt 22-Jährige schwer beeindruckt. Das war es, was sie machen wollte. Viele Berufe mögen einen gewissen Idealismus voraussetzen, aber für diese Entscheidung muss schon eine gehörige Portion davon vorhanden sein. Denn während Mitschüler vielleicht irgendwann die Karriereleiter hinaufklettern, kann Jessica noch nicht mal davon ausgehen, dass sie nach dem Studium eine leitende Position antreten wird. Aber: Sie wird mit ziemlicher Sicherheit einen Job bekommen.
Aber alles der Reihe nach: Jessica macht seit Herbst 2015 ihren Bachelor Pflege Dual an der Technischen Hochschule Deggendorf (THD). Damit hat sie erst einmal eine verhältnismäßig lange Ausbildung vor sich. Das Studium dauert neun Semester - also drei Semester länger als normale Bachelor-Studiengänge. Im Wintersemester 2015/16 wurde der Studiengang erstmals an der THD angeboten. Jessica gehört damit zu den allerersten Studenten.
Das Studium kombiniert Hochschule und die Ausbildung zur Pflegekraft - entweder in der Krankenpflege im Krankenhaus, in der Kinderkrankenpflege oder in der Altenpflege. Ganz korrekt heißt der Beruf dann Gesundheits- und Krankenpflege, Gesundheits- und Kinderkrankenpflege oder Gesundheits- und Altenpflege.
Im ersten Studienabschnitt laufen Studium und Ausbildung parallel. Neben den Vorlesungen an der Hochschule besuchen die Studierenden die Berufsfachschule und arbeiten auch noch in einer Ausbildungsstätte. Für Jessica ist das das Kreiskrankenhaus Landshut-Achdorf. Die Berufsfachschule ist nicht weit entfernt von Jessicas Wohnort, nämlich in Vilsbiburg. Wenigstens eine kleine Erleichterung in ihrem Alltag. Denn ansonsten ist sie viel unterwegs. Und die Semesterferien fallen auch flach.
Vieles ist anders als bei einem normalen Studium
Auch sonst läuft im Pflegestudium manches etwas anders als bei normalen Studenten. Vorlesungen und Unterricht an der Berufsfachschule sind zum Teil in Blöcken gestaltet. Dabei gibt es Wochen, in denen Jessica auch noch im Krankenhaus arbeitet. Vieles von dem, was man an der Berufsfachschule lernt, wird Jessica dafür an der Uni angerechnet. Auch sonst kommt ihr die enge Verzahnung von Praxis und Schule zugute. "In den Vorlesungen sprechen wir immer wieder über Situationen, die wir selbst schon erlebt haben", erzählt Jessica. Auch die meisten Professoren verfügen über Erfahrungen aus der Praxis. Und schließlich gibt es noch Kommilitonen, die ihre Ausbildung schon eine Weile hinter sich haben und das Studium nun draufsatteln. Auch sie haben natürlich einen reichen Erfahrungsschatz.
Von dem Studiengang erfuhr Jessica von der Rektorin der Berufsfachschule in Vilsbiburg. Wäre ein Medizinstudium nicht die logische Konsequenz für eine Abiturientin gewesen, die gerne anderen Menschen beim Gesundwerden helfen will? "Das kam für mich nie in Frage", sagt die 22-Jährige. Dahinter scheint besagter Idealismus zu stecken, von dem schon die Rede war. "Medizin kann ohne Pflegekräfte nicht bestehen", ist sie überzeugt. Ärzte können operieren, erklärt sie. Aber wie die weitere Genesung verläuft, was zu Hause und bei der Rehabilitation der Patienten passiert, das findet die Studentin ebenfalls entscheidend.
Anders als man zunächst denken könnte, liegt der Berufseinstieg für studierte Pflegekräfte nicht etwa in der Stationsleitung. Auch die Krankenhausmitarbeiter, die sämtliche Pflegedienste im Haus koordinieren, haben etwas anderes studiert, erklärt Jessicas Chefin Ulrike Anzinger. Sie ist die Pflegedienstleiterin am Kreiskrankenhaus in Landshut. Vielmehr gehe es darum, dass Mitarbeiter wie Jessica neue Impulse auf der Station geben können, sagt sie. Sie bringen die neuesten Erkenntnisse aus der Forschung mit und können von Studien berichten, wie etwa dem Einsatz von Eiswürfeln nach einer Chemotherapie. Studierte Pflegekräfte können laut Ulrike Anzinger also wichtige Berater für die Kollegen auf der Station sein. Sie geben zudem pflegenden Angehörigen Tipps und leiten sie an und bilden somit eine Schnittstelle zwischen Einrichtungen und Laien. Anzinger nennt das "Optimierung von Pflegeprozessen". Das Ziel: Die Menschen werden schneller gesund oder können besser mit ihrer Krankheit leben.
Wenn Jessica mit ihrem Studium fertig ist, ist ihr ein Arbeitsplatz so gut wie sicher. Pflegekräfte, noch dazu mit diesem Wissen, sind gefragt wie nie. Die 22-Jährige aus Gangkofen kann aber auch noch ein Masterstudium draufsetzen und ihr Wissen vergrößern. Karriere ist Jessica dabei nicht wichtig. Ihr geht es um das Persönliche. Das oft beschriebene kleine Lächeln, der Händedruck als sofortiges Feedback für ihre Arbeit - das ist es, was sie glücklich macht. Auch das Schichtsystem hat sie von der Berufswahl nicht abgehalten. Es hat ihrer Ansicht nach zu Unrecht ein schlechtes Image. Überhaupt müsse sich das schlechte Image von Pflegeberufen verändern, meint sie. Viele hoffen nun, dass der Studiengang Pflege Dual das schafft. Und wieder mehr junge Menschen für den Beruf begeistert.
Berufssteckbrief: Pflege dual
Berufsbezeichnung: Bachelor Pflege Dual
Abschluss: Bachelor of Science (B. Sc.) und Berufsabschluss Gesundheits- und Krankenpfleger, Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger oder Gesundheits- und Altenpfleger
Ausbildungsart: Duales Studium in neun Semestern an der Technischen Hochschule Deggendorf (THD) kombiniert mit einer Ausbildung in Gesundheits- und Krankenpflege, Kinderkrankenpflege oder Altenpflege in drei Jahren
Zulassungsvoraussetzungen: Fachgebundene Hochschulreife und Ausbildungsvertrag mit einer Berufsfachschule oder eine abgeschlossene Berufsausbildung als Kranken-, Kinder- oder Altenpfleger
Mögliche Tätigkeitsbereiche und Betriebe: Krankenhäuser, stationäre und ambulante Pflegeeinrichtungen, Berufspolitische Einrichtungen, Verlage, Pflege- und Krankenkassen, Rehabilitationseinrichtungen, Tagespflegestätten, Wohnanlagen des Alterns, Beratung, Anleitung und Schulung von Betroffenen, Angehörigen und Berufskollegen, Mitarbeit an pflegewissenschaftlichen Studien
Kooperierende Berufsfachschulen in der Region:
- Berufsfachschule (BFS) für Kinderkrankenpflege in Vilsbiburg der Kinderkrankenhaus St. Marien gGmbH
- BFS für Krankenpflege am DONAUISAR-Klinikum Deggendorf
- BFS für Krankenpflege am Krankenhaus Vilsbiburg/Lakumed-Kliniken des Landkreises Landshut
- Caritas-BFS für Altenpflege Landshut
- BFS für Altenpflege der VHS im Landkreis Cham e.V.
- BFS für Altenpflege vhs-Landshut e.V.
- BFS für Krankenpflege am Klinikum Landshut gGmbH
Bewerbung:
- Zeitraum: von Mitte April bis 15. Juli
- Online-Bewerbung: www.th-deg.de/bewerbung
- Bewerbung an den Berufsfachschulen
- Ausbildungsbeginn und Semesterstart: 1. Oktober
Verdienst während der Ausbildungsjahre (Tariferhöhung wird gerade verhandelt):
- Ausbildungsjahr: 975,69 Euro (1./2. Semester)
- Ausbildungsjahr: 1037,07 Euro (3./4. Semester)
- Ausbildungsjahr: 1138,38 Euro (5./6. Semester)
- vom 7. bis 9. Semester: Vollzeitstudium
Studienberatung:
- Maria Gretzinger (0991-3615229, maria.gretzinger@th-deg.de)
- Friedrich Münch (0991-3615261, friedrich.muench@th-deg.de)