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In der Hauptrolle: ein Eisberg


Andrea Limmer lebt in München.

Andrea Limmer lebt in München.

Von Redaktion idowa

Nach einem Unglück, klein oder groß, ist der Mensch erst einmal hysterisch, schlägt die Hände über dem Kopf zusammen und ruft: "O mein Gott!" Nachdem er sich dahingehend genug verausgabt hat, wendet er sich wieder seinem Leben zu und lässt die Angelegenheit ruhen, bis er sich soweit gesammelt hat, dass er das Unglück verarbeiten kann. Entweder mit Humor, Romantik oder Pathos - wobei die letzten beiden oft fließend ineinander übergehen. Ein sehr bekanntes Beispiel dafür ist der Untergang der RMS Titanic am 14. April 1912 nach ihrem Zusammenstoß mit dem Eisberg.

Die britische Reederei White Star Line plante die Titanic als neues, innovatives Modell inmitten eines Konkurrenzkampfes. Das Geschäft mit der Passagierbeförderung war hart und man strebte nach ständiger Neuerung bei Tempo, Luxus und Sicherheit. In diesem Sinne baute man die Titanic in der Schiffswerft Harland amp; Wolff Ltd. als "Unsinkbare", die den Reisenden überdies massenhaft Komfort und Platz bieten sollte. Der Untergang war freilich ein Schock, dass das Schiff auseinanderbrach auch.

Eisberg und Titanic sind Stars in der Geschichte
So erzählte, schrieb, verfilmte und vertonte man viele Geschichten über dieses Unglück. Und jedes Mal aufs Neue litten die Zuschauer mit, als stünden sie selbst an Deck, beziehungsweise sollten sie das, um das Unfassbare zu fassen. Die Titanic und der Eisberg gingen als Stars in die Geschichte und legendäre Welt künstlerischer Verklärung ein - man denke nur an den Hollywoodkracher von James Cameron mit Winslet und DiCaprio.

Auch im Kleinen verwendete man die Titanic. Zum Beispiel der, nun ja, sagen wir, Musiker Jürgen Drews. Der selbsternannte König von Mallorca singt seit gefühlten hundert Jahren voll Inbrunst: "Wieder alles im Griff, (oooooohhhhhh), auf dem sinkenden Schiff, (oooooooohhhhhhhh). Keine Panik auf der Titanic, Land in Sicht, wir sterben nicht." Ebenfalls musikalisch versank die Titanic 1997 als Broadway-Musical von Maury Yeston und Peter Stone. Gleich fünf Tony-Awards errang man mit dieser Inszenierung. In Deutschland gab man das Musical in der Neuen Flora (Hamburg) von 2002 bis 2003 und es soll laut Hamburger Abendblatt (Artikel vom 13. Juni 2003) noch gründlicher untergegangen sein, als das Schiff selbst. Die Zuschauer blieben aus.

Bald ein Film über die Costa Concordia?
Inzwischen hat die Flora und Fauna der Unterwasserwelt das Wrack der Titanic vollständig in Beschlag genommen. Die massenhaften künstlerischen Verarbeitungs- und Verklärungsversuche jener Havarie vor 100 Jahren lassen vermuten, dass es einen Film über die Costa Concordia geben wird. In unserer schnelllebigen Zeit wahrscheinlich recht bald. In den Hauptrollen werden wohl ein geölter Blitz als Kapitän, ein unglückliches Liebespaar (Heidi Klum und Seal?) und heroische Retter (Brad Pitt? Thomas Gottschalk? Buffy?) zu sehen sein. Und eine dubiose Schönheit als Pendant zum Eisberg