Vom Gong zur Stempeluhr
Ausbildungsstart: Was Azubis nach der Schule erwartet
5. August 2013, 11:17 Uhr aktualisiert am 5. August 2013, 11:17 Uhr
"Schule AUS! Schule AUS! Schule, Schule, Schule AUS, AUS, AUS!" - Erst wenige Wochen ist es her, dass diese Rufe, gefolgt von schrillen Trillerpfeifen, durch Bayerns Straßen gehallt sind. Viele Schulabgänger feierten das Ende von Hausaufgaben, Prüfungen und Lernstress. Doch vorbei ist nur die Schule, das wahre Leben fängt erst an. Auf die Schulabgänger wartet schon ein Studium oder eine Ausbildung. Damit ändert sich einiges. Schluss mit durchgefeierten Nächten und langem Ausschlafen. Zwei junge Menschen erzählen von ihrem Wechsel ins Berufsleben.
Lange überlegen muss Magdalena Edenhofer nicht auf die Frage, ob sie nervös ist: "Klar bin ich das. Ich weiß ja gar nicht, wie es ist, jeden Tag in die Arbeit zu gehen. Außerdem kenne ich dort niemanden." Die 17-Jährige aus Steinach beginnt im September eine Ausbildung zur Industriekauffrau bei der Firma Intercontec in Niederwinkling. "Aber ich freue mich auch schon wahnsinnig", fügt sie hinzu. Sie fühlt sich gut vorbereitet. In den Jahren auf einer Wirtschaftsschule habe sie bereits viel BWL, Rechnungswesen und auch das Zehnfingersystem gelernt. Die Schule war auch der Grund, weshalb sich Magdalena für diese Berufsrichtung entschieden hat. Dabei war das nicht von Anfang an klar: "Ich wollte früher immer Krankenschwester, Kindergärtnerin oder Friseurin werden." Bis auf den Friseurberuf hat sie in allen Bereichen Praktikum gemacht. Das Rennen hat aber letztlich doch der Bürojob in Niederwinkling gemacht. "Es passt einfach am besten zu mir und auch zu meiner Ausbildung in der Wirtschaftsschule", begründet die 17-Jährige ihre Entscheidung. Zusammen mit einem weiteren Auszubildenden startet sie im September ins Berufsleben bei Intercontec. Den ersten Tag in dieser Firma sehnt sie schon herbei, wenn auch mit einem etwas mulmigen Gefühl. "Es geht schon beim richtigen Kleidungsstil los. In der Schule ist egal, was man anzieht, im Berufsleben muss man sich anpassen", sagt sie. Auch welchen Eindruck sie bei ihren Kollegen hinterlässt, beschäftigt die junge Auszubildende. "Wenn ich jemanden kenne, bin ich sehr aufgeschlossen, mach´ mal einen Spaß und kann aus mir rausgehen. Kenne ich aber keinen, bin ich eher zurückhaltend und schau mir alles erst mal genau an", schätzt die 17-Jährige sich selbst ein.
"Was ist, wenn ich etwas falsch mache?"
Etwas Sorgen macht sich Magdalena außerdem über das Wirtschaftsenglisch. Das braucht sie in ihrer Ausbildung. Einige Vokabeln will sie sich deshalb schon jetzt einprägen. Ihre größte Angst aber ist es, etwas falsch zu machen. "Was ist, wenn ich was Schlimmes falsch gemacht habe und nicht verstehe, wo der Fehler liegt?", fragt sich Magdalena. Sorge bereitet ihr noch, wie sie mit den Arbeitszeiten klarkommt. In der Schule geht man meist mittags heim und kann sich seine Lernzeit selbst einteilen. Jetzt muss sich Magdalena an feste Arbeitszeiten gewöhnen. Man ist mehrere Stunden auf den Beinen, muss sich länger am Stück konzentieren. "Ich werde wohl meine Freizeit und meine Freunde etwas vernachlässigen müssen. Es wird auch sicher anstrengender als die Schule", ist sie sich sicher.
Etwa 15 Kilometer weiter in einem Besprechungsraum in Niederwinkling nickt der Auszubildende Maximilian Amann wissend, als er von Magdalenas Einschätzung hört. Der 17-Jährige aus Neukirchen hat sein erstes Ausbildungsjahr schon überstanden. Er hat vor einem Jahr als Lehrling bei der Firma VTA in Niederwinkling begonnen. Auch er musste sich erst umstellen. "Nach der Schule bin ich immer heim und hab erst mal geschlafen. Das geht jetzt nicht mehr. Aber ich hab' mich schnell umgestellt. Ich finde, die Arbeit vergeht ja auch total schnell, wenn sie Spaß macht", sagt Maximilian. Er lernt technischer Produktdesigner. Dabei zeichnet er am Computer Apparate und Anlagen, die dann in der Werkstatt gefertigt werden. Für diesen Beruf braucht man zum einen technisches und mathematisches Verständnis, ein gutes räumliches Vorstellungsvermögen und muss teamfähig sein. "Alle Abteilungen müssen ja viel zusammenarbeiten. Da ist das wichtig", sagt der 17-Jährige. Erinnert er sich an seine Schulzeit, merkt man Maximilian an, dass er diesen Lebensabschnitt erleichtert hinter sich gelassen hat. Vergangenes Jahr hat er die Mittlere Reife an der Realschule in Bogen gemacht. Gern ist er nie zur Schule gegangen. "Ich war so froh, als das vorbei war", sagt er. Ganz ohne Schule geht es aber während der Ausbildung auch nicht. Maximilian hat alle zwei bis vier Wochen eine Woche lang Berufsschule. "Das ist aber was anderes. Hier habe ich ja Fächer, die genau auf meinen Beruf zugeschnitten sind. Was ich hier lerne, kann ich eine Woche später schon in der Arbeit ausprobieren", sagt er.
Einen guten Eindruck hinterlassen
Magdalenas Sorgen vor dem ersten Ausbildungstag kann er verstehen. Allen baldigen Azubis rät er: "Das wird schon alles. Da muss jeder erstmal durch. Ich war nur am ersten Tag nervös. Wenn man da aber höflich ist und sorgfältig erledigt, was einem gesagt wird, hinterlässt man einen guten Eindruck. Und dann wird das schon", erzählt er weiter. Maximilian hat sich mittlerweile gut in seiner Firma eingelebt. Er versteht sich gut mit seinen Kollegen und Vorgesetzten. "Das ist auch ein wichtiger Punkt, damit es einem in der Arbeit gefällt. Ich stehe jeden Tag gerne auf und muss mich nicht in die Arbeit zwingen, weil mir gefällt, was ich tue", erzählt er. Und er hat noch einen weiteren Ansporn für alle baldigen Azubis: Mit dem Ernst des Lebens beginnt auch die neugewonnene Unabhängigkeit: "Man verdient sein erstes Geld. Das ist ein tolles Gefühl", sagt der Lehrling. Von seinem ersten Gehalt hat er sich übrigens Fußballschuhe, ein Dress und Ski gegönnt. "Etwas gefeiert habe ich natürlich auch", erzählt er. Auch in diesem Punkt beruhigt er Magdalena. Für Freunde und Hobbies hat er auch weiterhin Zeit. "Es gibt ja auch immer noch das Wochenende", sagt er lachend. Eins weiß aber auch Magdalena schon sicher: Ihre Wahl ist definitiv auf den richtigen Beruf gefallen und sie wird viel dabei lernen. "Ich sehe die kommenden drei Jahre als große Chance für mich. Ich hoffe, dass ich möglichst viel lerne und in viele Bereiche reinschnuppern kann." Auch für Maximilian war seine Berufswahl die richtige Entscheidung, auch wenn er als Fünfjähriger wohl etwas enttäuscht über seine spätere Berufswahl gewesen wäre: Fußballprofi wird eben doch nicht jeder.