Nicht den Faden verlieren

Aus Jeanshosen wird eine Patchwork-Beuteltasche


Für die Taschenaußenseite nehme ich Jeansstoff in Blau-Schattierungen. Das Innenfutter wird bunt.

Für die Taschenaußenseite nehme ich Jeansstoff in Blau-Schattierungen. Das Innenfutter wird bunt.

Von Veronika Murr

Die Zeitschrift im Regal lockt mich mit ihren bunten Fotos von Patchworktaschen. Das ist praktisch Schicksal - ich muss das Heft kaufen! Denn schon seit Monaten will ich mir eine neue Tasche nähen. Und in dieser Zeitung sind haufenweise Taschen mit den zugehörigen Schnittmustern abgebildet. Ich habe sogar einen Berg alter Jeans meiner Geschwister wegen des Stoffs gesammelt.

Der Wohnzimmertisch ist zu klein, also müssen sich der bunte Stoff für das Innenfutter und der Haufen alter, verwaschener Jeans mit dem Teppich vertragen. Die Jeans kann man nicht mehr anziehen, aber für ihren zukünftigen Job als Patchworktasche eignen sie sich hervorragend.

Auf den Tisch dürfen Mamas 29 Jahre alte, mit Jeansnadeln ausstaffierte Nähmaschine und Uromas Nähkorb. Neben dem Tisch stehen das Bügeleisen mit -brett und der CD-Player mit Musik zum Mitsingen. Zuerst werfe ich ein Auge auf die besonders schönen und ausgefallenen Teile an den Jeanshosen: eine doppelte Gesäßtasche, eine mit kleinem Reißverschluss, eingefärbte Sitzfalten und aufgeschabte Knie.

Überraschung beim Hosenzerschnippeln

Mit der Stoffschere mache ich mich darüber her und trenne meine Lieblingsstellen großzügig vom Rest der Hosen. An einen der Hosenschlitze nähe ich von der Rückseite her ein Stoffsäckchen. Jetzt ist der Hosenschlitz eine Tasche. Der Schnippelei fällt auch ein Zehn-Euro-Schein zum Opfer, der offenbar seit Jahren in einer Hosentasche schlummerte. Wenn ich ihn nicht gefunden hätte, wäre er mit in die Altkleidersammlung oder den Abfall gewandert. Jetzt ist er kaputt. Welch trauriges Schicksal.

Das Bügeleisen dampft schon auf seinem Brett. Alle ausgeschnittenen Stückchen bügle ich schön platt und stecke sie dann mit buntbeköpften Stecknadeln zu einer Fläche zusammen, die groß genug ist, dass ich das Schnittmuster herausschneiden kann. Die Nähmaschine ächzt und rattert auf ihre alten Tage unter der Jeansbelastung.

Schon annähernd taschenförmig

Auf diesem unförmigen Deckchen stecke ich das Schnittmuster fest und schneide mit der Stoffschere langsam und sorgfältig die Form aus. Überall muss ein Zentimeter Abstand zum Papier bleiben. Tadaa, so schnell hat man ein wunderschönes Viertel der Taschenaußenseite. Dieselbe geschieht mit den Stoffen für das Innenfutter. Alle Ränder werden mit Zickzackstichen vernäht, sodass nichts mehr ausfransen kann. Am Ende habe ich einen Haufen Teile, die noch nicht wirklich an eine Tasche erinnern.

Die ihr bevorstehende Aufgabe wird der Nähmaschine nicht gefallen. Durch bis zu drei Lagen Jeans übereinander muss sie ihre Nadel bohren, denn jetzt muss ich die Seitenteile miteinander und danach mit dem Taschenboden verbinden. Dasselbe mache ich mit dem Innenfutter. Dem verpasse ich noch kleine Täschchen für Labellos, Bonbons und anderen Kleinkram, der sonst lose in der Tasche herumkullern würde.

Jetzt habe ich zwei Taschenkörper: einen aus Jeans und einen aus buntem Stoff - das Innenfutter. Ich stelle die beiden ineinander und fummle mit ihnen herum. Nur mit extremer Konzentration und gutem Augenmaß kann ich ausmachen, welche Ecke auf welche gehört. Ich hätte es mir besser markieren sollen. Auch ohne meine Beschriftungen auf den Schnittmustern wäre meine Arbeit ziemlich exotisch geworden. Ich packe sofort das Nadelkästchen, fixiere eiligst, was ich gerade mühsam hergestellt habe und spurte damit zu der Nähmaschinennadel. Neben mir entsteht ein richtiger Hügel aus Stecknadeln. Aber ich wollte eben sichergehen. Jetzt sieht das Ganze auch schon viel mehr nach einer fertigen Tasche aus!

Träger aus Hosenbeinen

Weil ich natürlich nicht vorhabe, so eine dicke Beuteltasche unter dem Arm durch die Gegend zu schleppen, bastle ich noch Trageriemen. Praktischerweise haben Jeanshosen wunderbar lange Hosenbeine, aus denen man so einen Träger ausschneiden kann. Im Nachhinein bereue ich es, nicht einfach einen Jeansgürtel gekauft zu haben, denn das Zusammenstückeln eines drei Zentimeter breiten Gurts ist praktisch eine Odyssee. Das Nähen über die dicken Kappnähte kommt fast schon einer Hinrichtung der alten Nähmaschine meiner Mutter nahe. Aber das klapprige Teil ist zäh. Und die Träger sehen gut aus.

Stolz steht am Ende

Mal schauen, ob ich den Rest der Anleitung verstehe. Jetzt geht es darum, den Reißverschluss einzusetzen. Währenddessen muss ich die Tasche mehrmals umstülpen und wenden. Weil ich mir einfach nicht sicher bin, simuliere ich die Naht mit meinem Stecknadel-Hügel. Es klappt. Jetzt noch die Träger dran und dann ist die Tasche fertig. Ich himmle sie an. Es war eine 20- Stunden-Geburt. Die Finger von Stecknadeln gelöchert stehe ich minutenlang in dem von Stoffflusen zugeschneiten Zimmer und bewundere mein Werk. Das ist immer das schönste Gefühl: der Stolz, etwas erschaffen zu haben.

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Mit einer Schere schneide ich das Schnittmuster aus.

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Vor dem Zerschnippeln der Jeanshosen sollte man ihre Taschen durchsuchen - wer weiß, was sich findet.

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Vor dem Zuschneiden der Stoffe, sollte man aller erst einmal bügeln.

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Bevor man alles zusammennäht, sollte man das Schnittmuster an dem Stoff feststecken.

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Dann schneidet man auf die Nahtzugabe zu.

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Sorgfältig näht man die Jeans zusammen.

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Einen Reißverschluss anzunähen ist eine komplizierte Sache. Im Notfall muss ich alles wieder auftrennen.

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So sieht die fertige Patchwork-Beuteltasche aus.