Über 100 Millionen Euro beschlagnahmt
Callcenter-Bande zerschlagen - Mann aus Plattling verhaftet
11. Dezember 2020, 10:40 Uhr aktualisiert am 11. Dezember 2020, 10:26 Uhr
Bereits in der vergangenen Woche ist den Ermittlern ein Schlag gegen Call-Center-Betrüger in der Türkei gelungen. Auch in Niederbayern gibt es Geschädigte - und einen Kurierfahrer aus Plattling.
Es geht um eine weitverzweigte Bandenstruktur, gegen die vom Polizeipräsidium München und den türkischen Behörden ermittelt wurde. Die Callcenter-Bande agierte von der Türkei aus und bis nach Niederbayern. Die Anrufer versuchten, mit unterschiedlichen Maschen den Angerufenen Geld abzuknöpfen - und hatten damit leider großen Erfolg. Der konkrete Schaden wurde seitens Behörden noch nicht beziffert, es geht aber wohl um Millionen und Abermillionen.
Als erstes gelang es der Kriminalpolizei bereits Ende Oktober, einen 33-Jährigen aus Plattling festzunehmen. Der Mann, der im Internet auf eine Annonce als Kurierfahrer gestoßen war, betätigte sich mindestens seit Mitte September in rund zehn Fällen als Abholer von zum Teil sechsstelligen Bargeldsummen und Gold. Der Gesamtwert des Transportgutes beträgt über einer Million Euro. Die Wertgegenstände und das Bargeld wurden dann an einen anderen Kurier zum Weitertransport nach Berlin abgegeben.
Für seine Kurierfahrten, die sich von Deggendorf, Straubing und Prien am Chiemsee bis nach Ulm erstreckten, erhielt der 33-Jährige neben einer Kilometerpauschale einen mittleren vierstelligen Geldbetrag. Der Mann sitzt nun seit seiner Festnahme wegen dringenden Tatverdachts des gewerbsmäßigen Bandenbetrugs in einer Justizvollzugsanstalt ein.
Seniorin aus dem Raum Deggendorf wurde mehrfach angerufen
Wie dreist und rücksichtslos die Hintermänner der Betrüger agieren, belegen die weiteren Ermittlungen der Kriminalpolizeiinspektion Niederbayern. Nachdem der 33-jährige Kurierfahrer bereits festgenommen worden war, machten die Betrüger einfach weiter - und nahmen Kontakt mit einer Seniorin aus dem Raum Deggendorf auf, die sie bereits zuvor angerufen hatten. Die Anrufer gaben sich einerseits in mehreren Gesprächen als LKA-Beamte aus. Andererseits spiegelten sie vor, dass sie das Opfer aus den Fängen von Ganoven freikaufen müsse.
Mit der Durchsuchung von insgesamt 48 Wohnungs- und Geschäftsräumen und zahlreichen Festnahmen in der Türkei erhoffen sich die Ermittler, auf Hinweise auf weitere Taten in Niederbayern zu stoßen und Tatstrukturen zu ermitteln.
Über 100 Millionen Euro Vermögen beschlagnahmt
Bei der Aktion im Zusammenhang mit dem türkischen "CallCenter" sind über 100 Millionen Euro Vermögen, einschließlich Immobilienbesitz, beschlagnahmt worden. Neben 1,5 Millionen Euro stellten die türkischen Behörden noch 200.000 US-Dollar, fünf Kilogramm Gold, und 41 hochwertige Fahrzeuge sicher und pfändeten 3 Hotels und über 80 Luxuswohnungen und Büroräume.
In wie weit den Geschädigten der zum Teil immense Vermögensschaden aus den in der Türkei beschlagnahmten Werten ersetzt werden kann, wird derzeit geprüft.