Mehr Roden, weniger Aufforsten
Warum Bayerns Wälder schrumpfen
27. September 2019, 7:00 Uhr aktualisiert am 5. April 2023, 22:33 Uhr
Zum ersten Mal seit knapp 40 Jahren ist die Waldfläche in Bayern 2018 zurückgegangen. Die Zahl der Rodungen steigt, dafür wird weniger aufgeforstet. Was sind die Gründe für diese Entwicklung? Wir haben beim Landwirtschaftsministerium nachgefragt.
Zunächst ein Blick auf die Zahlen: 2018 wurden in Bayern 390 Hektar Wald gerodet. Gleichzeitig wurden aber nur 252 Hektar aufgeforstet. Insgesamt ist Bayerns Waldfläche im vergangenen Jahr also um 138 Hektar geschrumpft. Das ist der erste Rückgang seit 1980. Seitdem hatte es im Freistaat stets am Ende des Jahres mehr Wald gegeben als zu Beginn. Zwar hat Bayern immerhin noch verhältnismäßig viele Waldflächen (auf jeden Bayern kommen rechnerisch knapp 2.000 Quadratmeter Wald), trotzdem ist die positive Entwicklung nun gerissen. Was ist der Grund dafür?
Laut einem Sprecher des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten kommen hier gleich mehrere Gründe zusammen. "Die Ursachen für die Rodung von Waldflächen verteilen sich zu etwa gleichen Anteilen auf Vorhaben in den Bereichen Infrastruktur (Verkehr, Leitungsbau), Bau/Industrie und Landwirtschaft, sowie zu kleineren Anteilen auf Bergbau (Kies-, Sand-, Tonabbau), Freizeit/Sport und Sonstiges", so die Antwort aus dem Ministerium. Ein "Hauptverursacher" lasse sich hier nicht ausmachen. "Es ist vielmehr das Zusammenwirken der dynamischen Entwicklungen in allen Bereichen", so der Sprecher. Hier spielen auch die anhaltende Baukonjunktur und Verkehrsprojekte eine wichtige Rolle. Denn das seien häufig Großprojekte, die dann durchaus zu "markanten jährlichen und regionalen Schwankungen der Rodungstätigkeit" führen könnten. In Einzelfällen könnten auch Schädlinge wie der Borkenkäfer oder Klimaschäden (etwa durch Sturm oder Trockenheit) dazu führen, dass Waldbesitzer keine Zukunft mehr sehen und ihre Flächen lieber roden.
Allerdings ist der Anstieg der Rodungen nur eine Seite der Medaille. Mehr ins Gewicht fällt, dass die Zahl der wieder aufgeforsteten Flächen im Langzeitvergleich deutlich zurückgegangen ist. "Auch hier ist ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren ausschlaggebend", heißt es dazu aus dem Ministerium. Die Aufforstungen von landwirtschaftlichen Flächen würden häufig mit Infrastrukturprojekten oder wirtschaftlichen Interessen kollidieren. Es ist kein Geheimnis, dass die landwirtschaftliche Nutzung ökonomisch meist vorteilhafter als die forstwirtschaftliche ist. "Je knapper Fläche in Bayern insgesamt wird, desto geringer wird auch die Bereitschaft, landwirtschaftliche Flächen freiwillig aufzuforsten", heißt es dazu aus dem Ministerium. Der Klimawandel und die damit einhergehenden unsicheren Perspektiven der Waldbewirtschaftung würden diesen Effekt noch verstärken.