München
Sicherheitskonferenz von Spannungen geprägt
15. Februar 2019, 12:03 Uhr aktualisiert am 15. Februar 2019, 14:53 Uhr
China setzt immer mehr die Agenda und die Entfremdung von Europäern und Amerikanern belastet die traditionelle Weltordnung.
Chaos und Ungewissheit prägen den Zustand der Welt. "Wer sammelt jetzt die Puzzleteile auf?" fragt Wolfgang Ischinger im Vorfeld der Münchner Sicherheitskonferenz. Sie werde so groß und wichtig werden wie noch nie, verkündet der Gastgeber. Doch ob das Treffen der Weltelite der internationalen Diplomatie es schaffen wird, wieder Ordnung in die internationalen Beziehungen zu bekommen, darf wohl bezweifelt werden.
Als typisches transatlantisches Treffen versteht sich die Sicherheitskonferenz seit jeher. Doch die Gewissheit, dass Europäer und Amerikaner gemeinsam agieren, ihre Werte verteidigen und für eine Weltordnung stehen, die von der eigenen Stabilität und Überlegenheit geprägt ist, hat zuletzt doch arg gelitten. US-Präsident Donald Trump stellt seit Jahrzehnten sicher geglaubte Überzeugungen und Bündnisse wie die Nato infrage.
America-First gegen den Multilateralismus
Wie sehr sich USA und Europa noch als Partner verstehen, dürfte US-Vizepräsident Mike Pence im Bayerischen Hof erläutern. Immer wieder haben die Mitglieder der US-Delegationen beschwichtigt und ein klares Bekenntnis zur transatlantischen Partnerschaft abgelegt. Dennoch wird es an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sein, dem "America First"-Ansatz der Amerikaner ihre Vorstellungen von einer multilateralen Weltordnung entgegenstellen.
Hinzu kommt, dass inzwischen andere Akteure kraftvoll auf der Weltbühne auftreten. Alle voran China, dass mit einer besonders großen Delegation in München erwartet wird. China setzt inzwischen auf der Welt mehr oder weniger Direkt die Agenda. Auch die jüngsten Spannungen zwischen den USA und Russland waren davon berührt. Die beiden traditionellen Supermächte kündigten den INF-Vertrag, der Bau und Einsatz atomarer Kurz-und Mittelstreckenraketen sanktioniert. Beide werfen sich gegenseitig vor, den Vertrag zu unterlaufen. Doch es geht um mehr: China war nie Teil das INF-Vertrags, holt aber auch in der Rüstung gewaltig auf. Ohne China, so die Überzeugung, die sich inzwischen durchgesetzt hat, sind Abrüstungs- und Rüstungskontrollverträge kaum das Papier wert, auf dem sie geschrieben sind.
Unterschiedliche Auffassungen zwischen Amerikanern und Europäern gibt es auch in der Frage nach dem Umgang mit dem Iran. Während die Europäer am Iran-Abkommen festhalten wollen und inzwischen sogar einen Handelsmechanismus gefunden haben, mit dem sie die US-Sanktionspolitik unterlaufen wollen, hat Washington den Ton gegenüber Teheran deutlich verschärft und will von dem Abkommen nichts mehr wissen.
Nervosität unter Verbündeten
Dahinter steht der regionale Dualismus zwischen dem Iran und Saudi-Arabien. Das wird sich auch auf der Sicherheitskonferenz widerspiegeln, wenn sich der saudische Staatssekretär Adel al-Dschubair und der iranische Außenminister Mohammed Sarif ein Rededuell liefern werden.
Und wie geht es weiter in Afghanistan? US-Präsident Trump will seine Truppen nach Hause holen. Das hat unter den Verbündeten für Nervosität gesorgt, denn ohne das Engagement der Amerikaner stehen auch andere Militäreinsatze auf der Kippe. Immerhin beteuern die USA dass es keine Truppenreduzierungen ohne Absprache mit den Verbündeten geben wird.
Es bleibt also viel zu tun und wie jedes Jahr die Erkenntnis, dass die Sicherheitskonferenz es bisher kaum vermocht hat, die Welt tatsächlich sicherer zu machen. Doch immerhin: Außerhalb des ganz strengen Protokolls miteinander zu reden und auf offener Bühne den eigenen Kurs abzustecken ist und bleibt ein Wert an sich. Wenn daraus auch folgt, dass zum Beispiel Europäer und Amerikaner zumindest wieder etwas mehr Verständnis füreinander aufbringen, umso besser.
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