Bayern
Schätzung sagt sprudelnde Steuereinnahmen voraus - Füracker skeptisch
13. Mai 2022, 13:48 Uhr aktualisiert am 13. Mai 2022, 6:30 Uhr
Mehr als sechs Milliarden Euro soll Bayern nach der neusten Prognose der Steuerschätzer bis 2024 einnehmen. Was gut klingt, sorgt beim zuständigen Fachminister für Stirnrunzeln. Und ein großes Ziel.
Trotz vieler Unwägbarkeiten setzt Bayerns Finanzminister Albert Füracker im kommenden Jahr auf einen Haushalt ohne Neuverschuldung. "Es ist mein erklärtes Ziel, in 2023 einen Haushalt ohne neue Schulden zu haben", sagte der CSU-Politiker am Freitag bei der Vorstellung der Mai-Steuerschätzung in Nürnberg. Hoffnung, dass das Ziel erreichbar ist, dürfte auch ihm die Aussicht auf deutlich steigende Steuereinnahmen machen - bis 2024 sagen die Prognosen ein dickes Plus von mehr als sechs Milliarden Euro voraus.
Nachdem Bayern wegen der Corona-Krise seit 2020 seine Ausgaben teils mit neuen Krediten finanzieren musste, müsse nun "so schnell wie möglich" wieder ein Etat vorgelegt werden, der sich alleine durch die Einnahmen trage. Zur Bewältigung der Pandemiefolgen hatte der Landtag Kreditermächtigungen von 20 Milliarden Euro bewilligt. Davon seien, so Füracker, bisher 10,1 Milliarden Euro ausgeschöpft worden. Bayern stehe derzeit mit rund 37 Milliarden Euro in der Kreide. "Schulden machen ist immer nur die Ultima Ratio."
Mai-Schätzung wichtig für Etat-Planung
Für die bereits begonnenen Planungen des Etats 2023 ist die Mai-Steuerschätzung ein wichtiger Indikator. Die Prognose sagt für 2022 ein dickes Plus von 1,9 Milliarden Euro voraus. Für 2023 (2,4 Milliarden Euro) und 2024 (2,2 Milliarden Euro) ergeben sich für den Freistaat in Summe mehr als viereinhalb Milliarden Euro Steuermehreinnahmen im Vergleich zur Schätzung vom November 2021.
"Wir müssen die Ergebnisse der aktuellen Steuerschätzung aber mit äußerster Zurückhaltung betrachten", betonte Füracker. "Die Corona-Krise ist noch nicht überwunden und der grausame Angriffskrieg auf die Ukraine stellt uns vor derzeit nicht vorhersehbare Herausforderungen. Wir wissen nicht, wie sich der Krieg entwickelt und welche Auswirkungen das auf unsere Wirtschaft haben wird." Noch lieber als eine Schätzung sei ihm, wenn das Geld auf dem Konto sei. "Wir dürfen dieses Geld nicht verplanen."
Die deutliche Anhebung der Steuerprognose resultiere vor allem aus der weit über den Erwartungen liegenden Entwicklung der Einnahmen in 2021 und dem auch inflationsbedingt hohen prognostizierten nominalen Wirtschaftswachstum für 2022 und 2023, hieß es. Die Steuereinnahmen befänden sich nach den Schätzergebnissen auf stabilem Erholungskurs.
Warnt vor zu hohen Erwartungen
Gleichwohl warnte Füracker vor zu hohen Erwartungen: "Die Zahlen scheinen viel zu optimistisch." Trotz der Prognose sehe er keinen Raum für zusätzliche neue Ausgaben. Wegen der Ukraine, der globalen Unsicherheiten für die Wirtschaft, den teuren Energiekosten und der nicht absehbaren Entwicklung durch Corona ab dem Herbst bleibe es weiter bei der Krisenbewältigung. Wohl auch an die Adresse seiner eigenen Parteifreunde und die Regierung appellierte er, die vorausgesagten Einnahmen nicht für Ausgaben einzuplanen. Das Geld dürfe erst ausgegeben werden, wenn es auf dem Konto sei.
Tim Pargent, finanzpolitischer Sprecher der Landtags-Grünen, sieht das anders: "Solche Mehreinnahmen können wir gut brauchen: für den dringend notwendigen Klimaschutz, für mehr soziale Gerechtigkeit und die seit langem fälligen Infrastrukturinvestitionen. Eines sollte aber hoffentlich jedem klar sein: Neue Söder-Wahlgeschenke kann sich Bayern auch trotz positiver Steuerschätzung nicht mehr leisten."