Bayern

Polizist schießt Frau in den Bauch - aus Notwehr?

Das Opfer will ein Schmerzensgeld von 300.000 Euro- mindestens.


Von John Schneider

Es ist ein schwerer Tag für Hanna F. (52, Name geänderti). Im Justizpalast wird ihre Klage gegen den Freistaat verhandelt. Die Mutter zweier Kinder war im September 2020 von einer Polizeikugel in den Bauch getroffen worden. Sie fordert ein Schmerzensgeld von mindestens 300.000 Euro. Als der Polizist, der damals geschossen hat, als Zeuge aussagt, fließen bei Hanna F. die Tränen.

Wie war es zu den dramatischen Szenen in dem Haus in Solln gekommen? Die Frau litt an jenem Abend unter Angstzuständen. Ein Arzt wurde gerufen. Der Mediziner war wegen Corona maskiert und wollte ihr eine Spritze geben. Das verängstigte sie noch mehr. Sie griff zu einem Messer, um ihn aus dem Haus zu bekommen. Der Arzt alarmierte die Polizei.

Die Lage beruhigte sich zunächst. Doch dann griff die Frau erneut zum Messer und ging damit auf einen 30-jährigen Polizisten zu. Mehrmals forderte er sie auf, das Messer wegzulegen. "Noch einen Schritt und ich muss schießen", erinnert sich der 30-Jährige an seine Worte. Dann schoss er.

Das Projektil steckt noch in ihrem Körper, Hanna F. hat zudem unter anderem eine Niere verloren. Drei Mal musste sie auf den OP-Tisch. Psychisch hat sie sich nur langsam erholt.

Die Kollegen des Schützen erklären, dass sie an seiner Stelle wohl auch geschossen hätten. Andere, "mindere Mittel" hätten die Frau nicht verlässlich stoppen können. Also Notwehr.

Das sieht auch das Gericht ähnlich. "Es ist kein leichter Tag, es ist kein leichter Fall", resümiert der Vorsitzende Richter Thomas Böx. Das Urteil kommt am 19. April.