Hochschule

Kritik an Hörsaal-Benennung nach Rudolf Wöhrl in Erlangen


Die Benennung eines Uni-Hörsaals nach dem Modehausketten-Gründer Rudolf Wöhrl im mittelfränkischen Erlangen sorgt für Kritik. Dieser war nach einem vertraulichen Gutachten des Nürnberger Stadtarchivs Mitglied von NSDAP und SS, wie jetzt bekannt wurde. Die "Süddeutsche Zeitung" und andere Medien hatten zunächst berichtet. Die Universität will das Gutachten nun anfordern. Die Linkspartei in Erlangen fordert jedoch bereits eine Umbenennung des Hörsaals. "Wir schlagen eine Person vor, die Widerstand gegen das Euthanasie-Programm der Nazis geleistet hat", teilte die Partei mit. Anfang kommenden Jahres könnte sich das Thema allerdings von allein erledigt haben.

Der Unternehmer Rudolf Wöhrl hatte 2009 dem Universitätsklinikum 250 000 Euro für Forschungsprojekte gestiftet. Aus Dank habe die medizinische Fakultät den großen Hörsaal in der Innenstadt in "Rudolf-Wöhrl-Hörsaal" umbenannt, sagte der Sprecher des Universitätsklinikums, Johannes Eissing, am Montag. Wöhrl habe als "herausragende Unternehmerpersönlichkeit" gegolten und zahlreiche Auszeichnungen wie das Großen Verdienstkreuz mit Stern der Bundesrepublik Deutschland bekommen. "Der Stiftungsvorstand hatte zum damaligen Zeitpunkt keinen Anlass, die Vita von Rudolf Wöhrl zu durchleuchten."

Auch in Nürnberg gab es Pläne, eine kleine Straße neben dem Wöhrl-Stammsitz in "Wöhrlgasse" umzubenennen. Allerdings holte der Stadtrat zuvor ein Gutachten beim Stadtarchiv ein. Details daraus wollte ein Stadtsprecher nicht nennen, weil es sich um ein internes Papier handelt. Er bestätigte aber, dass die Mitgliedschaft Wöhrls in NSDAP und SS dazu geführt habe, dass die Idee einer "Wöhrlgasse" verworfen worden sei.

Sohn Hans Rudolf Wöhrl erklärte auf Anfrage, dass die Familie zu dem Thema nur das wisse, was bekannt sei und dass sein Vater keine Verbrechen begangen habe. "Bekannt ist uns auch, dass er sehr enge geschäftliche und freundschaftliche Beziehung zu jüdischen Familien hatte und er deswegen auch Ärger bekam", teilte er per E-Mail mit. Sein Vater sei kein Ideologe, sondern ein engagierter Geschäftsmann. "Niemand aus unserer Familie hat damals gelebt; wir kennen daher alles nur vom Hörensagen und aus den mehr als spärlichen Unterlagen aus den staatlichen Archiven."

Die Medizinische Fakultät will nun mit Fachleuten der Uni das Nürnberger Gutachten bewerten. Die Namenstaufen des großen Hörsaals seien allerdings zeitlich befristet, erläuterte Eissing. Es sei geplant, dass dieser am 1. Januar 2024 einen neuen Namen erhalte.