Nach Festnahme
Halle-Attentäter in bayerisches Gefängnis verlegt
20. Dezember 2022, 9:56 Uhr aktualisiert am 3. April 2023, 20:33 Uhr
Nach rund zweieinhalb Jahren im Hochsicherheitsgefängnis in Burg sitzt der rechtsextreme und antisemitische Attentäter von Halle nun in Bayern ein. Spezialkräfte brachten ihn nach Augsburg.
Gut eine Woche nach der Geiselnahme im Gefängnis in Burg bei Magdeburg ist der Halle-Attentäter nach Bayern verlegt worden. Am frühen Dienstagmorgen wurde der 30-Jährige per Hubschrauber nach Augsburg geflogen, wie das Justizministerium in Magdeburg mitteilte. Die Verlegung wurde von einer bewaffneten Spezialeinheit des sachsen-anhaltischen Justizvollzugs durchgeführt und von Spezialkräften der Polizei des Landes Sachsen-Anhalt sowie des Freistaats Bayern begleitet. Offen ist, wie lange der Attentäter von Halle in der JVA Augsburg-Gablingen bleiben wird.
Die Verlegung bringe viele Vorteile für die Sicherheit, teilte das bayerische Justizministerium mit. "Häftlinge mit Gewaltpotential kennen weder die Räumlichkeiten und organisatorischen Abläufe noch die Mitgefangenen", was Planungen für neue Straftaten erschwere, hieß es. Die Übernahme von Gefangenen gehöre zur vertrauensvollen länderübergreifenden Zusammenarbeit, Sachsen-Anhalt werde im Gegenzug einen bayerischen Gefangenen unterbringen. Laut Ministerium ist die JVA das modernste Gefängnis in Bayern.
Der Strafgefangene hatte Montagabend vergangener Woche in der Justizvollzugsanstalt Burg nacheinander zwei Bedienstete in seine Gewalt gebracht und wollte sich den Weg in die Freiheit erzwingen. Er zwang die Beamten, ihm den Weg Richtung Freigelände inmitten der Gefängnismauern aufzuschließen. Er wurde nach weniger als einer Stunde überwältigt. Dabei wurde der 30-Jährige verletzt. Die Bediensteten blieben laut Justizministerium äußerlich unverletzt, wurden aber betreut. Nach einem solch schwerwiegenden Vorfall ist es üblich, einen Gefangenen aus Sicherheitsgründen zu verlegen.
Die Generalstaatsanwaltschaft in Naumburg führt ein Ermittlungsverfahren wegen Geiselnahme. Sie hat etwa zu klären, wie es zur Tat kommen konnte. Der Attentäter soll einen mutmaßlich selbstgebastelten Gegenstand gehabt haben. Damit brachte er den ersten Bediensteten in seine Gewalt, als er zur Nacht in seine Zelle eingeschlossen werden sollte. Die Anstaltsleiterin der JVA Burg beschrieb den Gegenstand in der vergangenen Woche als gerolltes Blatt Papier, das mit einem Bleistift verstärkt gewesen sei, und an dem sich ein Stück Metall wie eine Art Scharnier befunden habe.
Antisemitische Hintergründe
Der rassistische und antisemitische Attentäter war im Dezember 2020 zu lebenslanger Haft und anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt worden. Er hatte am 9. Oktober 2019, am höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur, versucht, die Synagoge von Halle zu stürmen und ein Massaker anzurichten. Als es ihm nicht gelang, ermordete er nahe der Synagoge zwei Menschen und verletzte weitere. Auch damals hatte er selbstgebaute Waffen dabei.
Der Attentäter von Halle gilt als schwieriger und unkooperativer Gefangener. Am Pfingstwochenende 2020 hatte er etwa versucht, aus der JVA Halle zu fliehen. Während eines Hofgangs war er über einen 3,40 Meter hohen Zaun geklettert und hatte fünf Minuten ohne Aufsicht nach Auswegen aus dem Gefängnis gesucht, bevor ihn Justizbedienstete wieder schnappten. Im Gefängnis in Burg soll er die Tür zu seiner Zelle einmal mit Papier verkeilt haben. Insidern zufolge bindet der Häftling viel Energie des Personals und sorgt damit durchaus auch dafür, dass sich gewohnte Abläufe für andere Gefangene nicht immer einhalten lassen.