Bayern
Halbzeit für Grün-Rot in München: Zwischenzeugnis Schulpolitik
23. März 2023, 18:24 Uhr aktualisiert am 23. März 2023, 18:24 Uhr
München - Für keinen Bereich gibt die Stadt so viel Geld aus wie für ihre Schulen und Kitas. Bis 2026 hat der Stadtrat dafür fast vier Milliarden Euro eingeplant. Natürlich haben Grüne und SPD dieses Kapitel in ihrem Koalitionsvertrag nicht ausgelassen. Wie läuft es mit der Umsetzung?
"Wir wollen: Versorgung mit Kitaplätzen flächendeckend in der ganzen Stadt.”i
Bei den Kindergartenplätzen (also für Kinder ab drei Jahren) liegt die Abdeckung in München laut Bildungsreferat bei 97 Prozent. Allerdings gibt es zwischen den Stadtvierteln immer noch große Unterschiede: In der Maxvorstadt liegt der Versorgungsgrad bei 122 Prozent. In Allach-Untermenzing hingegen bloß bei 67 Prozent.
Einen Betreuungsplatz für ein Kleinkind unter drei Jahren in einer Krippe zu bekommen, ist immer noch schwierig. Der Versorgungsgrad liegt insgesamt bei 53 Prozent. Sogar in Schwabing-Freimann, wo der Versorgungsgrad mit 59 Prozent am besten ist, wären also fast doppelt so viele Plätze notwendig. Am schlechtesten läuft es in Berg am Laim, da gibt es nicht einmal für jedes dritte Kleinkind einen Krippenplatz. Von dem Ziel einer flächendeckenden Versorgung mit Kitaplätzen ist die Stadt also noch weit entfernt.
"Wir wollen einen proportionalen Personalausbau (Erzieher, Lehrer)."i
In der Schule wäre die Stadt bei dem Punkt wohl durchgefallen. Tatsächlich sind bei den städtischen Kitas 11,6 Prozent der Stellen für Fachkräfte (das sind rund 385 Vollzeitstellen) und acht Prozent der Stellen für Ergänzungskräfte (153 Vollzeitstellen) unbesetzt. Insgesamt sind also 538 Stellen offen.
Auch an den Schulen fehlt Personal. Momentan gebe es zwar an den 14 städtischen Gymnasien genug Lehrer. Allerdings kommt 2025 das neunjährige Gymnasium zurück. Dann bräuchte die Stadt zirka 100 Lehrer mehr als in anderen Schuljahren. Doch die Bewerberzahlen gehen zurück.
An den 26 Realschulen fehlen aktuell zirka 64 Vollzeitlehrkräfte. Allerdings dürfte laut Bildungsreferat die tatsächliche Anzahl noch höher sein. Denn die fehlenden Teilzeitkräfte sind nicht mitgezählt. Der größte Mangel herrscht an den Berufsschulen. Laut Bildungsreferat wären zirka 200 zusätzliche Berufsschullehrer notwendig. Die Stadt stellt deshalb zum Beispiel Gymnasiallehrer ein.
"Wir erhöhen die Anreize, sodass mehr Menschen die Berufe Kindererzieher und Kinderpfleger ergreifen"i
Das Bildungsreferat listet eine Reihe von Verbesserungen auf: Zum Beispiel wurde die Zeit für Fortbildungen von 19,5 auf 30 Stunden pro Jahr angehoben. Zudem bekommen Erzieher höhere Zulagen von bis zu 180 Euro. Allerdings sind das keine Ideen aus dem Rathaus - das haben die Gewerkschaften im letzten Jahr erkämpft.
Ansonsten weist das Bildungsreferat darauf hin, dass sich die München-Zulage auf 270 Euro verdoppelt hat - doch diesen Beschluss traf der Stadtrat im Januar 2020 (also vor der Kommunalwahl). 2021 hat der Stadtrat einen Fahrkostenzuschuss von bis zu 173,57 Euro im Monat eingeführt.
"Wir wollen ‚integrative Plätze' in Kitas schaffen."i
Die Zahl der betreuten Kinder mit Integrationsbedarf in Kitas, Krippen und Ganztagsklassen ist von Januar 2020 bis Januar 2022 um 27 Prozent gestiegen.
"Die Schulbauoffensive (...) wird fortgeführt."i
Seit 2016 hat die Stadt mit ihren Schulbauprogrammen um die 100 Bauten vorangetrieben. 2022 hat der Stadtrat dem vierten Programm mit acht weiteren Projekten für 595 Millionen Euro zugestimmt. Auch fünf neue Kitas mit 582 Plätzen wurden beschlossen. Kosten: 73,3 Millionen. Es ist das größte kommunale Bildungsbauprogramm Deutschlands.
"Wir wollen den Ganztag an Schulen flächendeckend und inklusiv ausbauen."i
Der Versorgungsgrad mit Ganztag an Grundschulen beträgt 82 Prozent. Am besten klappt's in der Maxvorstadt (93 Prozent). Am wenigsten Ganztagsplätze gibt es in Sendling-Westpark (73 Prozent).
"Wir streben ein "Schul-Modellprojekt" an, in welchem folgende pädagogischen Konzepte umgesetzt werden sollen:i
• Keine Notenvergabei
• Gemeinsame Schulzeit bis zur 10. Jahrgangsstufei
• kein Sitzenbleiben..."i
Das ist noch im Aufbau. Ein Pädagoge von der LMU erstellt gerade ein Konzept. Außerdem analysiert das Bildungsreferat innovative Schulen. Im Sommer soll das Konzept dem Stadtrat vorgestellt werden.
"Wir wollen Schulflächen noch besser der Allgemeinheit zugänglich machen."i
Klingt einfach? Dahinter steckt viel Arbeit. Seit Anfang 2023 kümmert sich darum beim Bildungsreferat sogar eine Fachkraft. Sie soll geeignete Schulhöfe finden und Schulen überzeugen. Außerdem gibt es eine neue Webseite und Flyer. Spielaktionen wurden laut Verwaltung ausgeweitet.
"Eröffnung des Hauses der Schülerinnen und Schüler."i
Umgesetzt. Es eröffnete im Sommer 2021 am Stiglmaierplatz. Junge Menschen können sich dort treffen, etwa um Schülerzeitungen zu erstellen oder Projekte voranzutreiben.
"Wir wollen die Kitaernährung verbessern, eine 100% Bio-Quote bis 2025 erreichen."i
Wann das klappt, kann das Bildungsreferat nicht sagen. Nur so viel: Schon 2017 haben Kitas mit Fachpersonal die Quote von 50 Prozent weit überstiegen. Doch da wo Caterer liefern, habe die Stadt begrenzten Einfluss. Fazit: 100 Prozent bio klappt nur, wenn alle Kitas auf ein System mit einer Frischeküche umsteigen.