G9-Umstellung

Gymnasium: Braucht es jetzt mehr oder weniger Lehrer?


Ein Lehrer schreibt an eine Tafel. (Symbolbild)

Ein Lehrer schreibt an eine Tafel. (Symbolbild)

Von Redaktion idowa

Der Bayerische Philologenverband (bpv) hat die Staatsregierung an die Versprechen aus dem Koalitionsvertrag und den Bedarf an Lehrkräften im Zuge der Umstellung auf das neunjährige Gymnasium (G9) erinnert. Schon jetzt sieht man Handlungsbedarf.

5.000 Lehrkräfte sollen es sein, die bis zum Jahr 2023 neu eingestellt werden. Das sieht der Vertrag zwischen den Koalitionären in der Staatsregierung vor. Der bpv, der die Lehrkräfte an Gymnasien und Beruflichen Oberschulen vertritt, hat in einer aktuellen Pressemitteilung die Staatsregierung an die Pläne aus dem Koalitionsvertrag erinnert. Gleichzeitig sieht der Verband aktuell Handlungsbedarf. Die Lehrer-Vertreter sprechen sich für einen "Einstellungskorridor" am Gymnasium aus. Bereits jetzt soll der Spitzenbedarf, der dann im Jahr 2025 gegeben sein soll, in den Blick genommen werden. Der Mehrbedarf 2025 ist deshalb zu erwarten, weil es wegen der Umstellung auf das G9 wieder eine 13. Klasse geben wird und daher schlagartig mehr Schüler an den Bayerischen Gymnasien sein werden.

Unterrichtsausfälle zu 100 Prozent abdecken?

Welche Entwicklung ist in näherer Zukunft zu erwarten? Im Februar 2019 beenden nach Angaben des bpv circa 700 Gymnasial-Refe­rendarinnen und Referendare ihre Ausbildung. Für diese stehen aber nur 180 Stellen zur Verfügung, 200 junge Gymnasial­lehrer sollen an den Grund- und Mittelschulen eingesetzt werden. Bewerberinnen und Bewerber mit der Befähigung für das Lehramt am Gymnasium können sich über eine zweijährige Zweitqualifikation für den Einsatz an Grund- und Mittelschule qualifizieren. Also finden voraussichtlich nicht einmal die Hälfte aller Absolventen eine Anstellung beim Staat.

Das Kultuministerium will sich auf Anfrage hinsichtlich der Zahlen noch nicht festlegen. Zum September 2018 seien rund ein Viertel der Bewerber des aktuellen Prüfungsjahrgangs und zudem rund 15 Prozent über die Warteliste in eine Anstellung gekommen. "Die Einstellungssituation zum Februar 2019 an den Gymnasien wird sich im Vergleich zum letzten Februartermin verbessern", heißt es aus München. Jedoch seien die Chancen stark von der Fächerkombination abhängig. "Beispielsweise melden die staatlichen Gymnasien in den modernen Fremdsprachen nach wie vor insgesamt nur einen vergleichsweisen geringen Bedarf."

Spätestens 2025 rechnet der bpv mit einem personellen Engpass bei den Lehrern und fordert, "bereits jetzt die besten Absolventen an die Schulen zu bringen". Gleichzeitig könnten so "Klassen verkleinert und integrierte und mobile Reserve erweitert werden, um Unterrichtsausfälle zu 100 Prozent abzudecken." In sechs Jahren seien zudem die jungen Lehrer, die dann benötigt würden, möglicherweise in andere Bundesländer abgewandert.

Mehr Neubewerber als Einstellungsmöglichkeiten

Die Staatsregierung sieht für das Jahr 2025 in ihrer aktuellen Prognose zum Lehrerbedarf in Bayern "einen einmalig stark erhöhten Einstellungsbedarf in Höhe von etwa 2.600 Lehrkräften" an den Gymnasien. Mit einem Mangel scheint man allerdings nicht zu rechnen. In der Prognose heißt es: "Seit geraumer Zeit gibt es mehr Neubewerber als Einstellungsmöglichkeiten, infolgedessen ist die Anzahl der Bewerber von der Warteliste (mit Bereitschaftserklärung) zuletzt auf rund 2.200 Personen angestiegen. Auch in den nächsten Jahren wird allein das Angebot aus dem laufenden Prüfungsjahrgang den jährlichen Einstellungsbedarf am Gymnasium noch übersteigen."

Wie steht die Staaatsregierung aber zur Forderung eines verbreiterten Einstellungskorridors, mit dem etwa auch die Anzahl der ausgefallenen Stunden minimiert werden könnte? Seitens der Presseabteilung wird zunächst darauf hingewiesen, dass eine gegenläufige Entwicklung bis 2025 eintrete: "Allgemein gilt, dass in den Jahren des Aufwuchses im neunjährigen Gymnasium die Bedarfe im Vergleich zu einem reinen G8 bei gleichbleibender Schülerzahl zunächst absinken, weil die Schüler in den einzelnen Jahrgangsstufen weniger Unterrichtsstunden haben." Der neue Lehrplan führt hiermit wohl also in Teilen zu einer Reduzierung der Stundenzahl, wodurch der Bedarf an Lehrkräften zunächst eher sinken soll.

Gleichzeitig sieht man aber auch in München Handlungsbedarf: "Bereits im Vorfeld sollen entsprechende Maßnahmen ergriffen werden, um personalpolitisch auf diese besondere Situation reagieren zu können", heißt es vom Kultusministerium. Allein die Mittel und Wege dazu unterscheiden sich von denen, die der bpv andenkt: Mit sogenannten 2/3 Verträgen - das heißt Verträge mit der Zusage auf spätere Übernahme in das Beamtenverhältnis in Vollzeit - will man künftig benötigtes Lehrpersonal gewinnen. In welchem Umfang das passieren soll, das bleibt allerdings unklar. Verwiesen wird zudem auf ein zusätzliches Budget zur individuellen Förderung, das den Gymnasien seit dem Schuljahr 2018/2019 zur Verfügung steht. Damit sollen "insbesondere leistungsschwache Schülerinnen und Schüler des letzten G8-Jahrgangs" unterstützt werden.

Ob die Maßnahmen, die seitens der Staatsregierung geplant sind, dazu taugen, den künftigen Bedarf zu decken und für eine Verbesserung der Ausfallquote bei den Schulstunden zu sorgen, bleibt abzuwarten. Für die jungen Lehrkräfte scheint sich die Situation allerdings zunächst kaum zu ändern: Abwarten, hoffen, bangen - daraus speist sich oftmals die Gemütslage. Zu hoffen bleibt, dass nicht zu viele aufgeben.