Oktoberfest in München

Debatte um Wiesn: Wirte planen "Fest des Friedens"


Wiesnbesucher feiern im Hacker Festzelt auf dem Oktoberfest.

Wiesnbesucher feiern im Hacker Festzelt auf dem Oktoberfest.

Von dpa

Darf gefeiert werden, wenn anderswo Katastrophen toben, Krieg herrscht, Menschen sterben? Die Frage hat sich mehrfach gestellt, etwa nach den Terroranschlägen vom 11. September. Nun kommt sie in München wieder auf. Dabei vor allem im Blick: das Oktoberfest.

Nach einem bewegenden Auftritt des Kiewer Bürgermeisters Vitali Klitschko per Live-Schalte im Münchner Stadtrat ist eine Debatte über anstehende Volksfeste entbrannt. Die Wiesn-Wirte stellten sich am Donnerstag gegen Überlegungen zu einer möglichen Absage des Oktoberfests. "Unser Oktoberfest ist ein Fest des Friedens und der Völkerverständigung. Gerade in diesen Zeiten ist es besonders wichtig, damit ein Zeichen gegen den Krieg zu setzen", hieß es in einer Reaktion der Wirte-Sprecher Peter Inselkammer und Christian Schottenhamel.

"Jetzt lautet die erste Bürgerpflicht, kraftvoll zu helfen", sagte Inselkammer. Die Wirte spendeten spontan 15.000 Euro aus der Wiesn-Stiftung. Weitere Aktionen auch während des Oktoberfestes sollen folgen. Denkbar wäre etwa, ein ukrainisches Nationalgericht in den Zelten anzubieten und vom Erlös einen Anteil an die Flüchtlingshilfe zu spenden, hieß es. Die Überlegungen stünden aber noch am Anfang und sollten an die jeweilige Situation angepasst werden.

Auch nach 9/11 gab es eine Wiesn

"Wir können den Menschen in der Ukraine, denen unsere volle Solidarität gehört, auf diese Art und Weise viel besser helfen", ergänzte Schottenhamel. "Der Überfall Putins auf dieses friedliche Land ist schrecklich. Aber wenn wir solche Traditionsveranstaltungen wie das Oktoberfest absagen, dann hat Putin genau das erreicht, was er wollte." Die Sehnsucht nach einer friedlichen Wiesn sei nach den zwei Jahren Pandemie-Pause sehr groß.

Das Oktoberfest sei auch ein Fest der Völkerverständigung. Menschen aus allen Teilen der Welt fänden zusammen, um in Frieden und Freiheit zu feiern. Eine bessere Demonstration gegen Krieg und Diktatur gebe es nicht. Schon einmal fand die Wiesn trotz tragischer Ereignisse statt: Nach den Anschlägen vom 11. September wollte man bewusst ein Zeichen setzen, nicht vor den Terroristen in die Knie zu gehen.

Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) sagte am Donnerstag zum Thema Oktoberfest sowie dem im April geplanten Münchner Frühlingsfest, die Entscheidung über das Oktoberfest sei Ende April oder Anfang Mai zu treffen. Das Frühlingsfest werde derzeit genehmigungsrechtlich - wie alle Veranstaltungen - von der Stadtverwaltung geprüft. Eine Entscheidung werde es in den nächsten zwei Wochen geben.

OB Reiter äußert sich zurückhaltend

"Wenn für die Veranstaltung, wie erwartet, die Genehmigung erteilt wird, bleibt es dem Veranstalter und auch jedem Einzelnen überlassen, wie er oder sie damit umgeht, sollte dann immer noch Krieg in der Ukraine sein", sagte Reiter. "Ich habe für mich persönlich dargestellt - gerade auch vor dem Eindruck des erschütternden Berichts von meinem Amtskollegen Vitali Klitschko in der gestrigen Vollversammlung -, dass es für mich persönlich schwer vorstellbar ist, zu feiern, Bier zu trinken und Karussell zu fahren, wenn gleichzeitig in unserer Partnerstadt und dem ganzen Land der Ukraine so großes Leid herrscht und Menschen in diesem brutalen Krieg sterben."

Der Bürgermeister der belagerten ukrainischen Hauptstadt Kiew, Vitali Klitschko, hatte sich am Mittwoch per Live-Schalte an den Stadtrat gewandt und den russischen Angriff auf sein Land als Völkermord bezeichnet.

Wiesn-Chef Clemens Baumgärtner (CSU) warnte, eine Absage des einen oder anderen Volksfestes wegen des Krieges lasse Kremlchef Wladimir Putin genau das Ziel erreichen, das er haben wolle: "Dass unsere westliche Kultur beeinträchtigt wird." Auch der Geschäftsführer des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands, Thomas Geppert, lehnte eine Absage wegen des Krieges ab.

Sollte es ein Oktoberfest geben, ist offen, unter welchen Corona-Bedingungen. In Vorbereitung sei eine App, mit der sich digital der Geimpft- und Genesenen-Status erfassen lasse, sagte Baumgärtner. Ob das Fest aber unter der 2G-Regel stattfinden soll, ist nicht entschieden. Reiter hatte mehrfach gesagt, ein Oktoberfest ganz ohne Beschränkungen könne er sich derzeit nicht vorstellen. Das Volksfest war zweimal wegen der Pandemie abgesagt worden.