Bayern

Containerlandschaft für Wohnungslose: Stadt zahlt 1.500 Euro im Monat - pro Bett

In einer Riemer Containerlandschaftfür Wohnungslosezahlt die Stadt monatlich hohe Mietsummen.Das Referat verweistauf die schwierige Marktlage. Ein Skandal, sagt die Opposition


Die Containerlandschaft in der Galopperstraße, wo die Stadt Münchner ohne Obdach unterbringt. Ein Whistleblower alarmierte die Abendzeitung, dass hier viel zu hohe Mietpreise aufgerufen werden.

Die Containerlandschaft in der Galopperstraße, wo die Stadt Münchner ohne Obdach unterbringt. Ein Whistleblower alarmierte die Abendzeitung, dass hier viel zu hohe Mietpreise aufgerufen werden.

Von Hüseyin Ince

München - Am 12. Januar meldete sich der Mann bei der AZ. Er nannte sich David (Name geändert). Der Mann sei gerade als Obdachloser in einer Containerlandschaft an der Galopperstraße untergekommen. Dort leben in einer Containerlandschaft Dutzende Menschen, denen es so geht wie ihm, ohne Arbeit, ohne Wohnung - aber immer noch mit Hoffnung, dass alles irgendwann mal besser wird.


Obwohl es das Schicksal bislang nicht allzu gut mit David meinte, hat der Mann, etwa Ende 30, offenbar seinen Sinn für Gerechtigkeit nicht verloren. Als er Anfang Januar eine Bescheinigung über seine dortige Unterkunft erhält, kann er seinen Augen kaum trauen. "Da zockt doch jemand die Stadt ab", sagt David. Das Dokument liegt der AZ in Kopie vor.

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An der Galopperstraße gibt es derzeit 86 Plätze, in denen ein Unternehmen für die Stadt Wohnungslose unterbringt.

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Die Containerlandschaft habe sehr schnell hochgezogen werden müssen, heißt es von der Stadt.

Die Stadt, um genau zu sein das Sozialreferat, übernimmt in Fällen wie seinem die Unterbringung und die Kosten in dem Dreibett-Container, wo er gerade lebt: 1453,99 Euro im Monat - und zwar pro Bett.

Der Wohncontainer-Anbieter Five Walls - allem Anschein nach eine GmbH mit Sitz in Gräfelfing - ruft diesen Preis auf. Und die Stadt zahlt. David vermutet, dass in der Containerlandschaft an der Galopperstraße 9-13 derzeit bis zu 80 Menschen leben. Das würde also 116 319,20 Euro monatlich machen. Pro Jahr: 1 395 830,40 Euro - für 80 Bewohner.


Doch wer hat diese Verträge ausgehandelt?
Das zuständige Sozialreferat antwortet zwar ausführlich. Es bestätigt in einem Antwortschreiben aber nicht diese hohen monatlichen Kosten - um sie dann indirekt doch einzugestehen. Es wird auf die schwierige Lage auf dem Münchner Immobilienmarkt verwiesen. Und außerdem sei die Stadt nun mal verpflichtet, Menschen ohne Obdach unterzubringen.

Auf Behördendeutsch klingt das dann so: "Die Landeshauptstadt München ist als Sicherheitsbehörde nach Art. 6 und 7 Abs. 2 Nr. 3 des Landesstraf- und Verordnungsgesetzes zum Tätigwerden verpflichtet, um die (...) durch Obdachlosigkeit bestehenden Gefahren für Leben und Gesundheit der Betroffenen abzuwehren."


Knapp 6000 solcher Bettplätze gebe es im Stadtgebiet. "Sofortunterbringungssystem" wird der Apparat genannt. Dazu gehörten Beherbergungsbetriebe, Flexiheime, Notquartiere, Clearinghäuser und Wohnprojekte. An der Galopperstraße seien es 86 Plätze, die derzeit von Five Walls zur Verfügung gestellt werden, beauftragt von der Landeshauptstadt München. Fünf Einzelzimmer, neun Doppelzimmer und 21 Dreibettzimmer.


Die Bewohner der Anlage kämen größtenteils aus einer Wohnanlage an der Dachauer Straße 112.
Hier hat auch David bis vor einigen Wochen gelebt. Diese Anlage wurde ebenfalls von Five Walls betrieben und muss wohl dringend umgebaut werden, weshalb die Anwohner in die Galopperstraße umgezogen seien. David erinnert sich. "Dort haben die Betten etwa 400 Euro monatlich gekostet."

Die Stadt schreibt, es habe ein Vergabeverfahren für die Wohnanlage an der Galopperstraße gegeben. Nur wenige Anbieter hätten sich gemeldet. Die Preisobergrenze sei normalerweise 700 Euro pro Platz. Man müsse bei den höheren monatlichen Kosten auch bedenken, dass die Containeranlage in kürzester Zeit aufgebaut werden musste. Daher dürfe man den Mietkosten nicht mit üblichen Wohnungsmieten vergleichen.

Der Anbieter übernehme auch organisatorische Aufgaben. "Hierzu zählen beispielsweise die tägliche Anwesenheitskontrolle, die Aufnahme von Personen, Bettwäscheausgabe und -wechsel, ein erhöhter Instandhaltungs- und Renovierungsbedarf sowie die regelmäßige Reinigung der genutzten Räumlichkeiten", antwortet das Sozialreferat. 30 Millionen Euro habe die Stadt 2022 für die Versorgung wohnungsloser Haushalte aufgewendet.


Auch der Bund beteiligt sich offenbar an den Wohneinheiten.
Es wird nicht klar beziffert. "Die Kosten der Unterkunft werden durch den Sozialleistungsträger in der tatsächlichen Höhe übernommen und gemäß § 46 Absätze 6 bis 9 des Sozialgesetzbuchs II (SGB II) anteilig durch den Bund erstattet", schreibt das Sozialreferat."

"Fast 1500 Euro pro Bett, das ist ein Skandal, ein unglaublicher Wucher", wettert Manuel Pretzl, Fraktionschef der Rathaus-CSU, als er zum ersten Mal davon hört. Er kann es nicht fassen, dass sich die Stadt auf diesen Deal eingelassen hat.


Pretzl vergleicht dann doch die Kosten mit dem freien Mietmarkt.
"Rechnen Sie das mal auf den Quadratmeter um", sagt er, "für den Mietpreis könnten Sie die Leute locker in Bogenhausen unterbringen." Da brauche man doch keine extra aufgebaute Containerlandschaft. Pretzl fordert Konsequenzen. So etwas dürfe in Zukunft nicht passieren: "Das sind schließlich Steuergelder, mit denen wir verantwortungsvoll umgehen müssen."

In Bogenhausen könnte man dafür auch wohnen

Das ist ein unglaublicher Wucher