Umwelt- und Tierschutz contra "Tradition"

Böller-Verkauf: Hat der Handel den Knall schon gehört?


Das große Silvestergeschäft mit Böllern und Raketen sorgt in der Gesellschaft für immer mehr Zündstoff. (Symbolbild)

Das große Silvestergeschäft mit Böllern und Raketen sorgt in der Gesellschaft für immer mehr Zündstoff. (Symbolbild)

Von Redaktion idowa

Nicht nur in den Städten ist das Thema Feuerwerkskörper längst auf der Agenda, sondern auch im Handel sorgt es mitunter für Zündstoff. Einige Unternehmen entscheiden sich bewusst gegen das finanziell lukrative Geschäft mit Böllern und Raketen. Marketingstrategie oder Initialzündung für eine umwelt- und tierfreundlichere Zukunft? Und welche Möglichkeiten haben Tierbesitzer, ihre Lieblinge zur Silvesterzeit vor dem großen Geknalle zu schützen?

Ein Baumarkt in Norddeutschland sorgte vor einigen Tagen bundesweit für Schlagzeilen. Der Grund: dort entschied man sich Tieren zuliebe erstmals gegen den Verkauf von Feuerwerkskörpern. Stattdessen wird das Geld, das man in früheren Jahren für die Böller-Werbung benötigte, dem Tierschutz gespendet. Eine Aktion, die landauf landab großen Anklang fand, aber auch Unverständnis.

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Kritiker in den sozialen Netzwerken bemängeln vor allem, dass hinter der Aktion lediglich ein PR-Gag stecken würde und das Tierwohl dabei nur sekundär wäre. Wieder andere hingegen zeigen sich regelrecht empört und befürchten, dass hier eine Silvester-Tradition auf der Abschussliste stehen könnte. "Weil das Katzen oder Hunden was ausmacht?", bemerkt ein Nutzer süffisant auf Facebook.

Doch was genau macht die Silvester-Knallerei mit den Tieren eigentlich? Wir haben hierzu Dr. Karl Eckart um eine Einschätzung gebeten. Er ist Präsident der Bayerischen Landestierärztekammer. "Man muss sich das so vorstellen, dass hier gleich mehrere unspezifische Reize auf die Tiere einprasseln. Lärm und grelle Lichter, die die Tiere nicht zuordnen können. Außerdem kommt das Feuerwerk für sie sehr plötzlich und ist ja auch nur einmal im Jahr. Sie können sich daher nicht daran gewöhnen", so Eckart. Es sei daher logisch, dass die Tiere sich erschrecken.

So kann man Tiere an Silvester schützen

Doch geböllert wird nicht nur pünktlich zum Jahreswechsel. Den ganzen Silvestertag über bis in die frühen Morgenstunden knallt es nahezu an allen Ecken und Enden. Kann man seine Tiere denn überhaupt irgendwie davor schützen? Eckart: "Man kann versuchen, eine möglichst ruhige Umgebung für die Tiere zu schaffen. Man kann zum Beispiel Musik, die der Hund eh schon gewöhnt ist, etwas lauter drehen, damit er das Feuerwerk nicht mehr so stark hört." Wichtig sei vor allem, dass die Tierbesitzer ein möglichst normales Verhalten an den Tag legen und ihrem Tier nicht das Gefühl geben, dass etwas nicht stimmt. "Ganz wichtig: Tiere sollten nicht freilaufen oder alleine draußen sein, wenn das Geböller losgeht. Sie könnten sonst in Panik geraten und weglaufen", rät Dr. Eckart. Verständlich, denn jedes Jahr werden vor allem nach Silvester besonders viele Haustiere als vermisst gemeldet. Laut dem Präsidenten der Bayerischen Landestierärztekammer gibt es aber auch Medikamente und natürliche Mittel, die Tieren dabei helfen können, stressfreier durch die Silvesternacht zu kommen. Eckart: "Wichtig ist hier aber, sich rechtzeitig von einem Tierarzt beraten zu lassen - im Idealfall schon etwa zwei Wochen vorher. Wer sich hier erst am 31. Dezember Gedanken macht, ist zu spät dran."

Real-Sprecher: "Der Wandel muss aus der Gesellschaft kommen"

Grundsätzliche Gedanken zum Thema Sinnhaftigkeit von Böllern scheint man sich mittlerweile auch im Handel zu machen, wie das Beispiel des norddeutschen Baumarktes zeigt. Und andere Händler ziehen nach. So auch die Baumarkt-Kette Hornbach. "Wir haben uns mit diesem Thema intensiv beschäftigt und bereits entschieden, dass das Feuerwerkssortiment 2020 ausgelistet wird. Das heißt, einen Feuerwerksverkauf wird es 2019 zum letzten Mal in unseren Märkten geben", berichtet Hornbach-Sprecher Florian Preuß gegenüber idowa. Man wolle sich von Unternehmensseite her der Verantwortung stellen. Preuß: "Wir reagieren auch bei anderen Sortimenten entsprechend. Zum Beispiel beim Pflanzenschutzsortiment stellen wir auf Produkte um, die den Artenschutz der Bienen nicht gefährden." Letzten Endes liege es aber in der Verantwortung des Einzelnen.

Eine andere Firmenphilosophie fährt man dagegen bei der Supermarkt-Kette Real. Dort sieht man aktuell keinen Grund, sich aus dem rentablen Geschäft mit Feuerwerkskörpern zu verabschieden. "Das ist eine wirtschaftlich starke Säule für uns. Klar gibt es auch Gegenargumente, aber wir finden, der Wandel muss aus der Gesellschaft kommen und nicht von uns", erklärt Real-Sprecher Markus Jablonski. Bei Real sei man ohnehin noch an lange Lieferverträge mit den Herstellern gebunden und könne schon allein deshalb nicht von heute auf morgen den Verkauf von Feuerwerkskörpern einstellen. Jablonski: "Außerdem ist Real auch prädestiniert dafür. Bei uns kann man neben Lebensmitteln eben auf die Schnelle auch noch Silvesterartikel einkaufen. Davon abgesehen, wenn wir keine Böller und Raketen mehr verkaufen, dann bietet unsere Konkurrenz dafür umso mehr an. Und damit ist niemandem geholfen."