Bayern

AZ bei der internationalen Handwerksmesse: Vom Bonsai bis zum Boot

Im Rahmen der Internationalen Handwerksmesse finden heuer erstmals vier Messen unter einem Dach statt. Zu entdecken gibt es unter anderem Kulinarik, Kunsthandwerk und Gartengestaltung.


Gartenbauer Martin Bayer zeigt an seinem Stand, welche Gestaltungsmöglichkeiten sich auch auf kleinen Flächen anbieten.

Gartenbauer Martin Bayer zeigt an seinem Stand, welche Gestaltungsmöglichkeiten sich auch auf kleinen Flächen anbieten.

Von Anna-Maria Salmen

Wie wird ein Solardach gebaut? Welche Werkzeuge nutzen Metallbauer? Und wie schmeckt das Essen der Zukunft? Bis einschließlich Sonntag kann man noch auf der Internationalen Handwerksmesse in Riem nach Antworten auf diese Fragen suchen (Tickets 15 Euro). Rund 650 Aussteller und 1000 Experten aus mehr als 60 Gewerken geben in fünf Messehallen Einblicke in ihre Künste.

Der Schwerpunkt liegt heuer auf dem Thema nachhaltiges und gesundes Wohnen: So kann man sich etwa über besonders nachhaltige Baumaterialien, klimaschonende Sanierungen und über Energieeffizienz informieren.

Erstmals sind in diesem Jahr gleich vier Messen unter einem Dach zu erleben: Neben der Internationalen Handwerksmesse findet sich in Halle B1 die "Handwerk & Design", auf der unter anderem Schmuck und Kunsthandwerk bestaunt werden können.

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Marco Fröbich, Leon Simon und Elias Kammermeier-Zambrano.

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Norbert Öttl und seine Holz-Leder-Taschen aus Südtirol.

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Dagmar Frank wirbt für den Beruf des Dachdeckers.

Auf der "Garten München" in Halle C3 gibt es Inspirationen rund um Pflanzen, Terrassen und Hochbeete. Und auf der "Food & Life", die sonst nur im Herbst als Schwestermesse der "Heim & Handwerk" stattfand und die es heuer erstmals zwei Mal gibt, kann man sich durch die neuesten geschmacklichen Trends probieren. Aber auch traditionelle Spezialitäten gibt es zu entdecken, darunter Salami aus Frankreich oder Käse aus Italien. Wenig verwunderlich, herrschte hier gleich am ersten Messetag der größte Besucherandrang.

Schon seit Jahren ist der Nachwuchsmangel im Handwerk ein zentrales Problem. Um junge Leute wieder für die Berufe zu begeistern, zeigen sich die regionalen Innungen und Fachverbände in Halle C2. An mehreren Ständen können nicht nur Berufseinsteiger in Handwerksberufe schnuppern und ausprobieren, ob sie mit der Fräse umgehen oder Schiefer bearbeiten könnten.

Unikate aus Holz und Leder

Taschen und Lederwaren gibt es auf der Handwerksmesse in Halle B1 an beinahe jeder Ecke zu kaufen. Am Stand von Norbert Öttl aus Südtirol unterscheiden sie sich aber deutlich von dem, was man sonst kennt: Elemente aus Holz zieren die Ledertaschen seines Labels Embawo. Durch die natürliche Maserung gleicht keine Tasche der anderen. "Jedes Stück ist ein Unikat", sagt Öttl. Seine Lederwaren werden in der eigenen Schreinerei und Lederwerkstatt in Brixen in Südtirol, wo die Firma ihren Sitz hat, aus regionalen Materialien hergestellt. "Alles ist komplett handgearbeitet", erzählt der 43-Jährige.

Holz auf den Taschen zu verwenden, macht nach Aussage Öttls mehr Arbeit als reines Leder. Denn es ist ein Rohstoff und muss erst vorbereitet werden, bevor es aufgenäht wird: Unter anderem wird es zugeschnitten, verleimt und geschliffen, außerdem wird die Oberfläche mit Wachs behandelt.

Eine seiner Taschen kostet im Durchschnitt 350 Euro. Dafür hat man dann aber lange Freude daran, wie Öttl sagt. "Ledertaschen sind sonst Massenware und halten entsprechend kurz." Bei seinen Produkten soll das anders sein. Kleine Kratzer auf der Holzoberfläche könne man leicht wieder unsichtbar machen. Öttl gibt zudem die Garantie, die Elemente auszutauschen, sollten sie einmal brechen. In den 15 Jahren, in denen seine Firma auf dem Markt ist, sei das aber noch nie passiert.

Keine Langeweile im Bootsbau

Bootsfahrer kommen auf der Handwerksmesse auf ihre Kosten. In Halle B1 präsentieren vielfältigste Bootsbauer ihre Kunst: Vom riesigen Segelboot über Kanus aus Birkenrinde bis hin zur Sportyacht gibt es Boote aller Art zu bestaunen. Marco Fröbich, Elias Kammermeier-Zambrano und Leon Simon lernen das Handwerk gerade noch und geben Interessierten am Stand ihrer Berufsschule Einblicke in ihre Arbeit. In der Mitte des Podests steht ein glänzendes Holzboot, daneben sieht man unter einer Hobelbank helle Späne. Auch die Werkzeuge, die ein Bootsbauer braucht, kann man sich erklären lassen.

Marco Fröbich hat früher bereits Industriemechaniker gelernt, erzählt er. "Das war mir aber zu eintönig." Der 24-Jährige fährt in seiner Freizeit selbst gerne Boot, also lag eine Ausbildung zum Bootsbauer nahe. "Das ist viel abwechslungsreicher: Man kann mit vielen verschiedenen Werkstoffen arbeiten." Die Kundenwünsche möglichst genau umzusetzen, sei zudem immer wieder eine neue Herausforderung.

Ausbilder Martin Schomeyer freut sich über die Gelegenheit, sein Handwerk auf der Messe präsentieren zu dürfen. Denn in Deutschland gibt es nur noch eine einzige Landesberufsschule für Bootsbauer - in Travemünde bei Lübeck. Dort lernen laut Schomeyer junge Menschen aus den verschiedensten Ländern. "Das ist bereichernd. Es gibt viele kulturell unterschiedliche Traditionen im Bootsbau."

Grüne Oase im Trubel

Inmitten des Messetrubels wirkt der Stand von Gartenbauer Martin Bayer in Halle C3 wie eine kleine Oase. Gepflasterte Wege führen auf einen von kleinen Blümchen umringten, plätschernden Springbrunnen zu, an den Ecken stehen Bonsais und große, bepflanzte Steingussgefäße auf Grasflächen. Neben einer niedrigen Mauer lädt eine Sitzgruppe ein, die Stühle sind mit filigranen Blumenmustern bemalt. Bayer blickt sich in dieser Idylle um: 90 Quadratmeter groß ist seine Ausstellungsfläche ungefähr, schätzt der 50-Jährige. "So ähnlich könnte auch ein kleiner Garten daheim aussehen." Seit 34 Jahren ist er eigener Aussage nach schon als Gärtner tätig. Zu seinem Gartenbaubetrieb in Haar-Ottendichl östlich von München gehört außerdem eine kleine Baumschule. "Die Bonsais hier auf der Ausstellungsfläche haben wir alle selbst gezogen."

Die große Herausforderung in der Gartengestaltung sei, auch aus kleinen Flächen immer das Beste herauszuholen, erzählt Bayer. Denn weitläufige Gartenparadiese gehören wohl in den meisten Fällen der Vergangenheit an: "Die Grundstücke werden immer teurer, also werden vermutlich die Gärten in Zukunft immer kleiner sein", meint der Fachmann. Individualität und Anpassung an die örtlichen Gegebenheiten seien daher wichtig: "Kein Garten ist wie der andere. In meinen Jahren als Gärtner habe ich noch nie zwei identische Gärten gestaltet."

Ein weiterer Trend, den Bayer beobachtet: Die Gärten sollen pflegeleicht und im besten Fall auch altersgerecht sein. Die Gesellschaft wird schließlich immer älter, erläutert der Gartenbauer. Also sei es wichtig, dass die Freude am eigenen Garten im hohen Alter nicht durch unnötige Stufen, Schwellen und Hindernisse getrübt wird.

Seit einigen Jahren sind laut Bayer außerdem die Themen Insektenschutz und Artenvielfalt beliebt. Nach wie vor seien winterharte, bienenfreundliche Gewächse gefragt. Das freut den Gartenbauer, wie er sagt. "Nur ein Volksbegehren zum Artenschutz zu unterschreiben, reicht nicht. Wir müssen endlich weg vom Schottergarten."

Zumal ein insektenfreundlicher Garten nicht unbedingt pflegeintensiver sein muss. "Das sieht man ja gut an einem klassischen Apfelbaum", sagt Bayer. "Die Blüten bieten im Frühjahr schon Nahrung, und wenn man die Äpfel nicht pflückt, können die Insekten auch im Herbst noch fündig werden." Und schöner als graue Kiesflächen ist ein blühender, grüner Garten allemal.

Nachwuchs gesucht bei den Dachdeckern

Auf einer dunkelgrauen Schieferplatte sind mit dünnen Linien Herzen aufgezeichnet. Nun ist Präzision gefragt: Es gilt, sie mit einem Werkzeug passend zuzuschneiden. Ein paar Meter weiter werden Ziegelplatten geworfen - allerdings keine echten, sie sind aus Gummi. "Das wäre sonst zu laut hier", sagt Dagmar Frank von der Dachdeckerinnung und lacht. Die Handwerker werfen sich ja immer Ziegel zu, erläutert die 54-Jährige. Also könne man hier seine Zielsicherheit üben.

Was amüsant aussieht, hat einen ernsten Hintergrund: "Wir haben viel zu wenig Nachwuchs", sagt Frank. "Mit diesem Problem kämpfen wir schon seit langer Zeit." Ähnlich ergeht es vielen Handwerksberufen: An zahlreichen Ständen in Halle C2 können junge Leute sich daher über die verschiedenen Ausbildungszweige informieren, darunter über das Metzger- oder das Konditorenhandwerk, die Schreinerei sowie die Zimmerei. Auch die Dachdeckerinnung will Werbung machen für ihren Beruf und auf spielerische Weise zeigen, "dass der Beruf vielseitig ist, Spaß machen kann und nur in Teamarbeit so richtig funktioniert", wie Frank sagt.

Wer sich für eine Ausbildung zum Dachdecker entscheidet, kann laut Frank auch in Zukunft mit einem gesicherten Job rechnen. "Dachdecker kann man nicht digitalisieren oder durch Maschinen ersetzen. Uns wird es immer geben, es braucht ja auch jeder ein Dach über dem Kopf." Dass sich dennoch wenige junge Menschen zum Dachdecker ausbilden lassen, könnte am Image des Baugewerbes liegen, meint Frank: Bei jungen Leuten würden häufig die Eltern die Berufswahl beeinflussen, und viele von ihnen hätten immer noch alte Klischees im Kopf von Bauarbeitern, die schon mittags betrunken sind. "Aber das ist ja natürlich nicht so", sagt Frank. Im Gegenteil: "Wenn man einmal Dachdecker gelernt hat, kann man sich eigentlich auch sein ganzes Haus selbst bauen." Denn in der Ausbildung würden viele verschiedene Fähigkeiten vermittelt.

Außerdem bietet die Branche laut Frank auch gute Aufstiegsmöglichkeiten. Nach der Ausbildung sei noch lange nicht Schluss: So könne man beispielsweise die Meisterprüfung ablegen und danach sogar noch ein weiterführendes Studium absolvieren.