"Judenstern" in Straubing
Antisemitismus auf Corona-Demos prägend
16. Dezember 2021, 16:00 Uhr aktualisiert am 2. April 2023, 18:02 Uhr
Ein "Judenstern" mit der Aufschrift "ungeimpft", "Keine Konzentrationslager für Ungeimpfte" - über solche antisemitischen Zurschaustellungen und Äußerungen auf "Corona-Demos" in Bayern hat sich eine Dokumentationsstelle besorgt gezeigt.
Seit dem 1. Dezember seien 15 antisemitische Vorfälle mit Bezug zur Pandemie bekannt worden, teilte die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) Bayern am Donnerstag mit. Elf davon habe es bei solchen Demonstrationen, zwei weitere am Rande davon gegeben. Es sei von einem großen Dunkelfeld auszugehen.
Laut RIAS überwiegt dabei "Post-Schoah-Antisemitismus", der sich in Verhöhnung der Opfer des Holocaust äußert, etwa indem Corona-Maßnahmen mit deren Verfolgung und Ermordung gleichgesetzt werden. So trugen demnach etwa in Aschaffenburg und Straubing Demoteilnehmer Armbinden beziehungsweise einen "Judenstern" mit der Aufschrift "ungeimpft". In Neumarkt war vom "Holocaust 2.0" die Rede, ein Teilnehmer forderte laut RIAS: "Keine Konzentrationslager für Ungeimpfte". In München gab es Schilder mit "Spritzenholocaust" und der Aufschrift "Impfen macht frei" - eine Anspielung auf einen Schriftzug über einem KZ-Tor.
"Die Menschen imaginieren sich an die Stelle der Opfer der Schoah", sagte RIAS-Bayern-Leiterin Annette Seidel-Arpaci. "Manche geben in antisemitischer Manier die Schuld an dieser angeblichen Verfolgung geheimen, mächtigen und als jüdisch markierten Instanzen." So gab in München eine Teilnehmerin "Rockefeller, Rothschild und Co." die Schuld an der Pandemie - antisemitische Chiffren für "die Juden".
Die antisemitischen Inhalte würden auf der Straße aktiv nur von relativ wenigen Personen verbreitet, sagte Seidel-Arpaci. "Es gibt aber keinerlei Distanzierung davon von anderen Teilnehmer:innen." Durch den Zuwachs der Kundgebungen und das häufige Gewährenlassen durch die Polizei fühlten sich Demonstranten immer weiter ermächtigt.