Kommentar
Das Gendersternchen - Pro und Kontra
7. März 2019, 16:44 Uhr aktualisiert am 7. März 2019, 16:44 Uhr
Ein Thema, zwei Meinungen. Es geht um dieses Symbol: * - das Gendersternchen. Viele finden es gut, andere lehnen es ab. So auch in der Freistunde-Redaktion.
Das Gendersternchen soll alle Geschlechter-Identitäten vereinen. Eingefügt wird es zwischen dem Wortstamm (oder der männlichen Endung) und der weiblichen Endung. Zum Beispiel: Schüler*in. Im vergangenen Jahr wurde darüber diskutiert, ob das Sternchen in die amtliche Rechtschreibung aufgenommen werden soll. Das passierte aber nicht. Wer alle Geschlechter ansprechen will, tut das bisher oft mit dem generischen Maskulinum: Die männliche Form einer Personenbezeichnung steht für alle Menschen dieser Gruppe. Kritisiert wird hier aber, dass dabei eben immer nur die männliche Form verwendet wird.
Hier geht es zu Flos Meinung: Er hält das Sternchen für keine gute Idee.
Das Wichtigste vorneweg: Gleichberechtigung ist mir wichtig. Menschen, die sich keinem Geschlecht zuordnen möchten, müssen die gleichen Chancen haben wie alle anderen. Sie dürfen nicht ausgegrenzt werden. Doch das Gendersternchen hilft dabei nicht. Im Gegenteil: Es zwingt einem diesen Gleichberechtigungswahn auf, der derzeit in der Gesellschaft vorherrscht. Obwohl es eigentlich selbstverständlich sein sollte, männlich, weiblich und divers als gleichberechtigt anzusehen. Dafür braucht es kein Sternchen.
Das Gendersternchen fördert sogar die Ausgrenzung, da es bei jedem Verwenden noch einmal deutlich macht: "Ach ja, diverse Personen spreche ich übrigens auch an." Wollen das die Menschen, die sich über kein Geschlecht identifizieren? Dass sie extra herausgestellt werden? Ich kann es mir nicht vorstellen. Mit dem Sternchen werden sie als anders, ja vielleicht sogar als nicht gewöhnlich hervorgehoben. Das sollte keiner wollen. Ohne Gendersternchen passiert das nicht. Von der Bedeutung des Sternchens abgesehen, zerstört es die Sprache. Schüler*innen, Student*innen, Lehrer*innen - das macht einen Text kaputt. Gesprochen wird es nicht einfacher, wie setzt man das Sternchen da um? Mit einer Pause? Liebe Schüler innen ... Klingt, als hätte man sich verschluckt.
Die Zeiten sind vorbei, in denen die männliche Form für alle Personen einer Gruppe stand. Also Schüler für Schülerinnen und Schüler. Wie wäre es, einfach mal abzuwechseln? Mal heißt es Lehrer, mal Lehrerinnen, mal Lehrende. Mal Studenten, mal Studentinnen, mal Studierende. Und wenn es um Berufe geht, ist eben nicht immer nur vom Feuerwehrmann die Rede, sondern auch mal von der Feuerwehrfrau. Genauso beim Erzieher. Meine Forderung: weniger Sternchen, mehr Abwechslung. Und damit mehr nachhaltige Toleranz.
Hier geht es zu Davids Meinung: Er findet das Gendersternchen wichtig.
Das Gendersternchen sei unsexy - das findet die Mehrheit der Deutschen, wie eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov 2017 zeigt. Gerade junge Frauen akzeptieren, dass Personen in der deutschen Sprache immer Eier in der Hose haben. Das ändere sich spätestens, wenn die Sprossen ihrer Karriereleiter brechen, betont Kathrin Kunkel-Razum, Leiterin der Duden-Redaktion, in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung.
Seit mehr als 40 Jahren wird über die geschlechtsneutrale Sprache diskutiert. Das Gendersternchen ist nur eine von vielen Varianten, sie umzusetzen - egal, ob Leser*innen, Leser_Innen, LeserInnen, Lesende oder Leserinnen und Leser. Fakt ist: Das Deutsche macht Frauen und Menschen, die sich keinem Geschlecht zuordnen wollen, unsichtbar.
Mehrere Studien haben nachgewiesen, dass wir bei Personenbezeichnungen wie Lehrer, Fußballer oder Elektriker automatisch an Männer denken - sogar bei stereotypisch weiblichen Berufen wie Kosmetiker. Umso wichtiger ist also, dass endlich was passiert. Schließlich beeinflusst die Sprache unser Denken und drückt unsere Persönlichkeit aus. Mit dem generischen Maskulinum lebt sie uns allerdings Stereotype vor. Sie lässt Kinder unbewusst denken, dass Mädchen für typische Frauenberufe und Jungs für typische Männerberufe gemacht sind.
Ein Zwang zum Sternchen ist da vielleicht nicht das Richtige. Sprache lässt sich ohnehin schwer an Regeln binden. Aber ein Nachdenken darüber ist zumindest ein kleiner Schritt in Richtung Gleichberechtigung. In der Schweiz ist eine geschlechtsneutrale Sprache mittlerweile selbstverständlich. Das generische Maskulinum gilt dort als schlechte Angewohnheit, wie das Popeln in der Nase. Dort werden Personen neutral zum Beispiel als Lesende angesprochen und damit wird gezeigt: Sie müssen nicht zwanghaft Eier in der Hose haben.